Nachrangige Darlehen treten im Falle der Liquidation oder Insolvenz im Rang hinter andere Forderungen gegen das schuldende Unternehmen zurück. Sie werden also erst bedient, wenn alle nicht nachrangigen Gläubiger befriedigt sind. Das macht sie zu einer für Unternehmer attraktiven Finanzierungsform. Denn je nach Gestaltung werden sie wie Eigenkapital behandelt. Das verbessert die Kapitalstruktur und damit die Konditionen für „normale“ Bankdarlehen. Daneben bieten Nachrangdarlehen auch Vorteile in der Krise des Unternehmens. 


Nachrangdarlehen können unter verschiedenen Gesichtspunkten für Unternehmen interessant sein (Copyright: memyjo/adobe.stock).

Was versteht man unter Nachrangdarlehen?

Nachrangdarlehen stellen eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital dar. Sie werden deshalb auch als „hybrides“ oder „mezzanines“ Kapital bezeichnet.

In einer sogenannten Rangrücktrittsvereinbarung oder einer schon im Darlehensvertrag enthaltenen Nachrangklausel wird die Reihenfolge geregelt, in der im Insolvenzfall die Inhaber von Forderungen befriedigt werden. Je schlechter die Rangposition, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Forderungsinhaber im Insolvenzverfahren ganz oder teilweise bedient werden. Nachrangige Forderungen werden also nur berücksichtigt, wenn das Vermögen ausreicht, alle Gläubiger mit besserem Rang vollständig zu befriedigen.

Unterschied zwischen „einfachem“ und „qualifiziertem“ Nachrang

Der „einfache“ Nachrang betrifft nur den Insolvenzfall. Solange kein Insolvenzverfahren eröffnet ist, kann ein Gläubiger (sofern er nicht zugleich Gesellschafter ist), den verliehenen Geldbetrag grundsätzlich in voller Höhe zurückfordern, sobald die Forderung fällig ist. Sofern ein solches Darlehen (wie in der Praxis häufig) nicht banküblich besichert wird, stellt die Annahme des Darlehensbetrages ein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG dar und bedarf einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), vgl. §§ 32 Abs. 1 KWG.

Beim „qualifizierten“ Nachrang vereinbaren die Parteien, dass der Darlehensgeber mit seinen Forderungen auf Rückzahlung und Verzinsung hinter die Ansprüche aller übrigen – gegenwärtigen und künftigen – Gläubiger zurücktritt und seine Ansprüche auch dann nicht bedient werden, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Die Aufnahme qualifizierter Nachrangdarlehen stellt kein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG dar und bedarf deshalb keiner Erlaubnis der BaFin.

Vorteile gegenüber herkömmlichen Finanzierungen

Nachrangdarlehen werden in der Regel ohne Sicherheiten vergeben.
Sie können – je nach Ausgestaltung – im Rahmen der Bilanzanalyse zum wirtschaftlichen Eigenkapital gerechnet werden. Damit verbessert sich die Eigenkapitalquote des Unternehmens, was sich wiederum positiv auf das Rating des Unternehmens bei kreditgebenden Banken auswirkt. Hierdurch wird die Aufnahme weiteren Fremdkapitals zu besseren Konditionen erleichtert.

Außerdem haben qualifizierte Nachrangdarlehen den Vorteil, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 08.01.2001 – II ZR 88/99) die qualifiziert nachrangige Verbindlichkeit in der Krise des Unternehmens wie Eigenkapital behandelt wird und deswegen nicht in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufgenommen werden muss. Hierdurch kann ggf. eine Insolvenz des Unternehmens wegen Überschuldung vermieden werden.

Besondere Risiken für den Darlehensgeber

Wer ein nachrangiges Darlehen gibt, geht ein hohes Risiko bis hin zum Totalverlust ein. Dem steht regelmäßig eine höhere Verzinsung gegenüber. Aus Sicht des darlehensaufnehmenden Unternehmens erkauft man sich durch die höhere Verzinsung die vorstehend beschriebenen Vorteile in Krise und Insolvenz. Das Unternehmen kann also das Nachrangkapital zugunsten anderer Gläubiger verbrauchen, ohne Insolvenz anmelden zu müssen.

In Frage kommende Kapitalgeber

Als Darlehensgeber kommen allen voran natürlich die Gesellschafter des kreditnehmenden Unternehmens in Frage. Nachrangdarlehen werden aber auch von Förderbanken (z.B. KfW) oder Private Equity-/Venture Capital-Gesellschaften zur Verfügung gestellt.

Schließlich kann das Unternehmen auch öffentlich Gelder einwerben und Anlegern (einschließlich Privatanlegern) die Möglichkeit bieten, dem Unternehmen Geld zu leihen und hierfür eine attraktive Rendite in Form einer höheren Verzinsung zu erhalten. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: denn Nachrangdarlehen gelten seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes zum 10.07.2015 als Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG), sofern das darlehenssuchende Unternehmen die Darlehensaufnahme gegen Zinszahlung im Inland öffentlich anbietet. Will man die damit einhergehenden Verpflichtungen (z.B. die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts) vermeiden, muss man darauf achten, die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG einzuhalten, d.h.

  • es dürfen von derselben Möglichkeit zur Gewährung eines Nachrangdarlehens nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden,
  • der Gesamtbetrag der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Darlehen darf insgesamt 100.000 € nicht übersteigen

oder

  • das einzelne Darlehen muss mindestens 200.000,00 € je Darlehensgeber betragen.

Liegt eine dieser drei Voraussetzungen vor, muss man – nach jetziger Gesetzeslage – die Vorgaben des Vermögensanlagengesetzes nicht einhalten, kann also ein solches Darlehen ohne Einhaltung dieser Vorschriften aufnehmen.

Bei der Ausgestaltung juristischen Rat einholen

Bei der Ausgestaltung des Darlehens ist sehr genau darauf zu achten, die Vorgaben der Rechtsprechung einzuhalten, um die gewünschte insolvenzvermeidende Wirkung zu erzielen. Werden hierbei Fehler gemacht, drohen dem Geschäftsführer eines Unternehmens persönlich Schadenersatzansprüche und er kann ggf. strafrechtlich wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch genommen werden.

In jedem Fall sollte daher ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und/oder ein Fachanwalt für Insolvenzrecht zu Rate gezogen werde.

Fazit

Nachrangdarlehen können unter verschiedenen Gesichtspunkten für Unternehmen interessant sein. Der höheren Verzinsung stehen eine Verbesserung der Eigenkapitalquote und – bei qualifizierten Nachrangdarlehen – auch Vorteile im Falle der Insolvenz und ihrer Vermeidung gegenüber. Außerdem werden in der Regel keine Sicherheiten benötigt. Allerdings ist bei der Ausgestaltung solcher Darlehen äußerst genau auf rechtliche Fallstricke zu achten. Eine professionelle rechtliche Begleitung bei der Vereinbarung von Nachrangdarlehen ist daher besonders wichtig.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • Anwalt des Jahres in NRW (Alexander Knauss) für Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2023)

  • „Deutschlands Beste Anwälte“ im Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2023)

  • „Deutschlands Beste Anwälte“ im Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2022)

  • TOP-Kanzlei für Bank- und Finanzrecht 
    (WirtschaftsWoche 2022)

Autor

Bild von  Alexander Knauss
Partner
Alexander Knauss
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Banken, Bausparkassen, Finanzdienstleistungsunternehmen und Vermögensverwalter in allen Fragen des Bank- und Kapitalmarktrechts
  • Emittenten von Schuldverschreibungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz (SchVG)
  • Pensionskassen, insbesondere in allen Fragen rund um Nachrangdarlehen
  • Unternehmer und vermögende Privatpersonen in allen Fragen der Vermögensanlage sowie Vermögens- und Unternehmensnachfolge
  • Testamentsvollstrecker und Family Offices

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen