Obwohl nicht mehr in der im Handelsregister hinterlegten Liste der Gesellschafter einer GmbH aufgeführt, hatte ein GmbH-Gesellschafter mehrere Beschlüsse angefochten. In diesem Zusammenhang hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden, ob sich aus § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht nur eine positive, sondern auch eine negative Legitimationswirkung zulasten der nicht in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter ergibt.
BGH, Urt. v. 26. Januar 2021 – Az. II ZR 391/18 (Copyright: styleuneed/adobe.stock).
Der Sachverhalt (verkürzt)
Der von den Karlsruher Richtern zu entscheidende Sachverhalt kreist um drei geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH. Der später klagende Gesellschafter hatte am 13. März 2007 die Befreiung von dem vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot für Tätigkeiten seiner Einzelfirma erhalten, soweit diese keine Konkurrenztätigkeiten darstellten.
Im Juli 2014 kam sodann der Vorwurf auf, dass der vorgenannte Gesellschafter Konkurrenztätigkeiten am Markt angeboten hatte. Infolgedessen wurden am 10. Oktober 2014, 25. August 2015, 14. März 2016, 19. April 2016 und 25. Mai 2016 GmbH-Gesellschafterversammlungen abgehalten, in denen die Einbeziehung des Geschäftsanteils des dissentierenden Gesellschafters, dessen Abberufung als Geschäftsführer, die fristlose Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags sowie die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den pflichtvergessenen Gesellschafter-Geschäftsführer beschlossen bzw. entsprechende Beschlussanträge wiederholt oder bestätigt wurden.
Der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer nahm an den oben genannten Gesellschafterversammlungen jeweils teil. In diesem Gesamtkontext wurde sodann im Oktober 2014 eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister der GmbH hinterlegt. Diese gab nunmehr nur noch die beiden übrigen Gesellschafter, also nicht mehr den (vermeintlich) pflichtvergessenen und deren Anteile eingezogenen Gesellschafter der Gesellschaft an. Die Geschäftsanteile der beiden übrig gebliebenen Gesellschafter wurden jeweils pro rata um den ursprünglichen Geschäftsanteil des pflichtvergessenen Gesellschafters erhöht und so in der Gesellschafterliste eingetragen.
Die im März 2016 vom nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter vorgelegten Beschlussvorschläge, die die Abberufung der anderen Gesellschafter, die Einbeziehung derer Geschäftsanteile und die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs zu seinen Gunsten umfassten, wurden in der Gesellschafterversammlung allesamt abgelehnt.
Der ausgeschlossene Gesellschafter richtete sich danach mit Nichtigkeitsfeststellungs- und Anfechtungsklagen gegen die ihm nachteiligen Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft, sowie mit einer Beschlussfeststellungsklage gegen die Ablehnung seiner Beschlussvorschläge zur Gesellschafterversammlung aus März 2016.
Des Weiteren begehrte der Kläger die Auszahlung seines Geschäftsführergehalts ab Zahlungseinstellung im August 2014.
Die Entscheidung (verkürzt)
Die Karlsruher Richter stellten im Rahmen ihrer Revisionsentscheidung klar, dass sich aus § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG (sog. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste) – neben der positiven Legitimationswirkung – auch eine negative Legitimationswirkung ergebe. Dies habe zur Folge, dass dem klagenden, nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter mit Einstellen der neuen Gesellschafterliste im Handelsregister grundsätzlich die Anfechtungsbefugnis als auch die materielle Berechtigung zur Beschlussfeststellungsklage gegen die Ablehnung seiner Beschlussvorträge fehle. Durch die nachträglichen Beschlussbestätigungen, die zum Zeitpunkt gefasst wurden, als der klagende Gesellschafter noch in der Gesellschafterliste aufgeführt wurde, seien auch diese Beschlüsse der Anfechtung entzogen worden.
Eine hervorgehobene Stellung in der Gerichtsentscheidung nahm vor allem der Beschluss über die Einziehung der Geschäftsanteile – und dessen Bestätigungsbeschluss – ein. Hierzu führte der Bundesgerichtshof aus, dass eine Anfechtungsbefugnis gegen diese Beschlüsse – trotz fehlen des Gesellschafters in der neuen Gesellschafterliste – in der Rechtsprechung anerkannt und des Weiteren auch verfassungsrechtlich geboten sei. Würde man dem aus der Gesellschafterliste ausgeschlossenen Gesellschafter in solchen Fällen die Anfechtungsbefugnis versagen, wäre schlicht kein effektiver Rechtsschutz im Hinblick auf den bei Entzug der Mitgliedschaft gegebenen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG vorhanden. Des Weiteren wäre ein faktischer Ausschluss eines Gesellschafters, und zwar allein durch Änderung der Gesellschafterliste möglich.
Die Richter stellten jedoch expressis verbis klar, dass diese Ausnahme nicht auf die anderen, ebenfalls vom klagenden Gesellschafter angegriffenen Beschlüsse übertragbar sei. Denn die anderen Beschlüsse würden die Mitgliedschaft des klagenden Gesellschafters nicht tangieren. In derartigen Fällen komme es für die Anfechtungsbefugnis allein auf die Gesellschafterliste und die damit einhergehende positive oder aber auch negative Legitimationswirkung an. Die nach der Streichung des Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste von § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ausgehende negative Legitimationswirkung gelte indes ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses.
Die Nichtigkeit des streitgegenständigen Einziehungsbeschlusses folgte vorliegend im Ergebnis daraus, dass die beklagte GmbH zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht in der Lage war, die Zahlung der – nach Einziehung des Geschäftsanteils – geschuldeten Abfindung aus dem freien Gesellschaftsvermögen zu zahlen. Somit verstoße der Einziehungsbeschluss, so der BGH, gegen §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 3 GmbHG; dies führe aber zu Nichtigkeit des Beschlusses. Dem stehe auch die spätere Bestätigung des Beschlusses durch die Gesellschafterversammlung nicht entgegen.
Da aber nun der Bundesgerichtshof die Nichtigkeit des vorausgegangenen Beschlusses rechtskräftig festgestellt hatte, konnte dieser Beschluss auch nicht durch einen weiteren Beschluss der Gesellschafterversammlung der beklagten GmbH bestätigt werden. Entsprechend formulierte der BGH wie folgt:
„Die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses vom 10. Oktober 2014 führt zur Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses, weil dem Bestätigungsbeschluss der materiell-rechtliche Mangel des Ausgangsbeschlusses ebenfalls anhaftet.”
Resümee und Praxishinweise
An dieser höchstrichterlichen Entscheidung zeigt sich deutlich, dass der Gesellschafter bei gegen ihn gerichteten Gesellschaftsbeschlüssen zu einem schnellen Handeln gezwungen ist. Neben der Klagefrist ist für den betroffenen Gesellschafter hierbei insbesondere die beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste dafür entscheidend, ob er überhaupt die gegen ihn lautenden Gesellschafterbeschlüsse gerichtlich aus der Welt schaffen kann.
Um aber zügig, gezielt und erfolgreich handeln zu können, ist das frühzeitige Aufsuchen eines sachkundigen Rechtsberaters unerlässlich. Vor allem unter Zuhilfenahme des Instrumentariums der einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) – etwa mit dem Inhalt, dass der Geschäftsführung die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste untersagt wird – können frühzeitig erste Schutzmaßnahme für den betroffenen Gesellschafter erreicht werden. Dies wirkt sich auch insofern positiv aus, dass eventuell mit einem Mangel unterliegende Gesellschafterbeschlüsse nicht dadurch der Anfechtung entzogen werden können, dass die Gesellschafterliste geändert wird und sodann sogar der kritische Gesellschafterbeschluss nochmals nachträglich von der Gesellschafterversammlung – unter Ausschluss des betroffenen Gesellschafters – bestätigt wird.
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Autoren
RA Dr. Karl Brock, MEYER-KÖRING, Bonn; WissMA Tom Grunwald, MEYER-KÖRING, Bonn
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