Die sogenannte Taxonomie-Verordnung ist eine entscheidende Maßnahme des Aktionsplans „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, den die EU-Kommission im März 2018 vorgestellt hat. Der Aktionsplan ist Teil des Green Deals, der die Europäische Union bis 2050 klimaneutral machen soll. Im Rahmen dieses Aktionsplans kommt dem Finanzsektor eine entscheidende Rolle zu. Als nachhaltige Finanzierung gilt dabei die Bereitstellung von Finanzmitteln für Investitionen unter ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten.
Die Taxonomie-Verordnung klassifiziert dazu nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten an Hand von bestimmten Bewertungskriterien und verpflichtet insbesondere Unternehmen des Finanzsektors, über den Anteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne der Verordnung in ihrem Portfolio zu berichten.
Das der Taxonomie zugrundeliegende Ziel, nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu fördern, ist natürlich zu begrüßen (Copyright: polkadot/adobe.stock).
Was bedeutet die Taxonomie konkret?
Um als nachhaltig im Sinne der Taxonomie zu gelten, muss durch Einhaltung detaillierter Bewertungskriterien („technical screening criteria“) nachgewiesen werden, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit einen substanziellen Beitrag zur Erreichung von einem der sechs Umweltziele der Taxonomie (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme) leistet.
Die Verordnung verlangt außerdem die Einhaltung sozialer Mindeststandards und den Nachweis, dass zugleich keinem der anderen Umweltziele erheblich entgegenwirkt wird („do no significant harm“-Prinzip).
Welche Auswirkungen kann die Taxonomie auf Unternehmen haben?
Die Taxonomie-Verordnung verpflichtet insbesondere Akteure des Finanzsektors, also auch Banken, künftig offenzulegen, inwieweit sie durch ihre Produkte nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten unterstützen. Dazu müssen sie den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln.
Die Taxonomie wird also dafür sorgen, dass Kapital künftig vorrangig in nachhaltige Investitionen fließt. Anders gesagt: wer den Taxonomie-Kriterien nicht oder nur teilweise genügt, wird in Zukunft entweder keine Finanzierung oder jedenfalls schlechtere Konditionen bekommen.
Auch wenn die Taxonomie-Verordnung zunächst nur Finanzmarktteilnehmer und große Unternehmen zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen zwingt, ist nicht auszuschließen, dass auch mittelständische Unternehmen mittelbar in ihren Anwendungsbereich einbezogen werden, indem sie z.B. im Rahmen von EU-Förder- und Finanzierungsprogrammen oder über Wertschöpfungsketten gezwungen werden, Unternehmensdaten im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ihrer Wertschöpfung zu liefern. Sind Unternehmen nicht entsprechend aufgestellt, birgt dies erhebliche Risiken für Finanzierungen und auch für Wertschöpfungsketten.
Wann tritt die Taxonomie-Verordnung in Kraft?
Die Taxonomie-Verordnung trat bereits am 12. Juli 2020 in Kraft. Als Verordnung gilt sie in allen EU-Staaten als unmittelbares Recht, ohne dass weitere Umsetzungsakte durch den nationalen Gesetzgeber erforderlich sind. Gemäß Artikel 27 der Verordnung ist die Taxonomie in Abhängigkeit von den Umweltzielen ab dem 1. Januar 2022 auf den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel, ab dem 1. Januar 2023 auf die übrigen Umweltziele (s.o.) anzuwenden.
Was kann bzw. sollte ich als Unternehmer tun, um mich darauf vorzubereiten?
Im Detail sind noch viele Fragen unklar. Unternehmer sind aber gut beraten, sich dennoch mit dieser Thematik frühzeitig zu beschäftigen und ihr Unternehmen auf den Wandel einzustellen.
Gibt es spezielle Fördermittel?
Es gibt zahlreiche Förderprogramme. Zum Beispiel fördert die KfW mit ihrer „Klimaschutzoffensive für den Mittelstand“ Investitionen in Maßnahmen zur Verringerung, Vermeidung und Abbau von Treibhausgasemissionen um mittelständische Unternehmen an die EU-Taxonomie heranzuführen. Die Förderung erfolgt über zinsgünstige Darlehen bis zu einem Kreditbetrag von 25 Mio. € in Verbindung mit einem Klimazuschuss (bis zu 6 % der Kreditsumme).
Was ist bei diesem Thema sonst noch zu beachten?
Kreditverhandlungen können je nach Vorhaben und Finanzierungsstruktur komplex sein. Sowohl für die Prüfung der Vertragsunterlagen als auch die Führung von Verhandlungen empfiehlt es sich oft, fachkundige Begleitung einzuholen. Dies gilt erst recht für den Fall, dass die Verlängerung bestehender Finanzierungen ansteht, seitens der Banken aber infolge der Taxonomie-Verordnung strengere Maßstäbe angelegt werden und eine Prolongation zu scheitern droht.
Fazit
Das der Taxonomie zugrundeliegende Ziel, nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu fördern, ist natürlich zu begrüßen. Kleinen und mittleren Unternehmen werden allerdings – zumindest auf indirektem Weg – weitere Pflichten aufgebürdet, um finanzierungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Neben damit verbundenen Bürokratielasten birgt die Anwendung der Taxonomie-Verordnung Finanzierungsrisiken für Unternehmen – und das ausgerechnet in einer Phase, in der sie neben anderen Transformationsprozessen auch noch die Auswirkungen der Corona-Pandemie verkraften müssen.
Aber am Ende gilt wie so oft: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Auszeichnungen
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Deutschlands beste Kanzleien für Bank- und Finanzrecht(Handelsblatt 2024)
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Alexander Knauss bei „Beste Anwälte Deutschlands 2024“ für Bank- und Finanzrecht(Handelsblatt 2024)
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