Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30.11.2004 entschieden, dass Vorfälligkeitsentschädigungen der Banken bei vorzeitiger Kreditablösung nicht mehr nach dem sog. PEX-Index berechnet werden dürfen, sondern nach den für Kreditnehmer günstigeren Monatsrenditen aus der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank.

 

Der Verweis auf die Bundesbank-Renditen bedeutet nach Auffassung von Verbraucherschutzorganisationen, beispielweise der Verbraucherzentrale Bremen, dass fast alle Vorfälligkeitsentschädigungen nicht korrekt berechnet worden sind und die Darlehensnehmer eine Neuberechnung fordern können (http://www.verbraucherzentrale-bremen.de/themen/bauen/vorfaelligkeitsentschaedigung/bgh-gegen-pex.html).Denn bislang hat kaum ein Kreditinstitut mit den Bundesbank-Renditen gerechnet, sondern die für günstigeren PEX-Renditen oder Renditen aus anderen Quellen als der Bundesbank verwendet.

 

Die Pressemitteilung des BGH haben wir zu Ihrer Information nachfolgend wiedergegeben.

 

 

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
Nr. 141/2004

 

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach vorzeitiger Ablösung eines Realkredits über 8,3 Mio. DM zu 7,35 % Zinsen mit einer Laufzeit von 10 Jahren bis zum 31. Mai 1999 zu entscheiden. Nach lastenfreier Veräußerung des belasteten Gewerbegrundstücks bat die Kreditnehmerin Anfang 1994 um vorzeitige Ablösung des Annuitätendarlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Die kreditgebende Hypothekenbank stimmte dem zu. Sie berechnete die Vorfälligkeitsentschädigung, durch die sie so gestellt werden soll, als ob der Darlehensvertrag  bis zum 31. Mai 1999 vereinbarungsgemäß durchgeführt worden wäre, ausgehend von der Wiederanlage der vorzeitig zurückerlangten Darlehensvaluta zu Renditen des sog. PEX-Index. Die Kreditnehmerin wünscht demgegenüber eine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der Monatsrenditen aus der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank.

 

Dem PEX-Index liegt ein Portfolio von 30 synthetischen Pfandbriefen mit drei verschiedenen Kupons von 6 %, 7,5 % und 9 % und verschiedenen Laufzeiten von einem bis zu 10 Jahren zugrunde. Für diese synthetischen Pfandbriefe melden die Hypothekenbanken täglich ihre Renditen, zu denen sie Pfandbriefe tatsächlich emittiert haben bzw. emittieren möchten. Es werden also nicht nur reale Umsätze berücksichtigt, sondern auch bloße Angebote, in die subjektive Einschätzungen und Wünsche von Hypothekenbanken einfließen können.  Berücksichtigt werden im PEX-Index in jedem Falle nur die Briefrenditen, dh. Verkaufskurse Pfandbriefe emittierender Hypothekenbanken. Geldkurse (Kaufkurse), in denen sich die Vorstellungen auch von Pfandbriefkäufern widerspiegeln, bleiben beim PEX-Index unbeachtet. Da Hypothekenbanken, die sich durch die Veräußerung von Pfandbriefen möglichst günstig refinanzieren wollen, also an möglichst geringen Renditen der Pfandbriefkäufer interessiert sind, besteht die Gefahr, daß der PEX-Index zu niedrige Renditen ausweist. Dies führt bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu Forderungen an den Kreditnehmer, die den tatsächlichen Nachteil von Hypothekenbanken aus der vorzeitigen Ablösung von Realkrediten übersteigen.

 

Wegen dieser systemimmanenten Schwächen des PEX-Index und der daraus resultierenden ungerechtfertigten Vorteile von Hypothekenbanken hat sich der Bundesgerichtshof gegen eine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der (Wiederanlage-)Renditen des PEX-Index ausgesprochen und eine Berechnung anhand der Renditen aus der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank befürwortet. Diese Renditen resultieren aus realen Umsätzen von Pfandbriefen an der Börse. Sie sind für Hypothekenbanken bei der Wiederanlage der vorzeitig zurückerlangten Darlehensvaluta ohne weiteres erzielbar, wenn sie an der Börse emittierte Pfandbriefe zurückkaufen.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt zu einer erheblichen Ermäßigung der von der beklagten Hypothekenbank beanspruchten Vorfälligkeitsentschädigung.

 

Urteil vom 30. November 2004 – XI ZR 285/03

 

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs; www.bundesgerichtshof.de

 

(Mitgeteilt von RA & StB Andreas Jahn)

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