Regelmäßig erhält eine GmbH wegen der sich aus ihrer Rechtsform ergebenden Haftungsbeschränkung Darlehensmittel nur, wenn die Gesellschafter persönlich die Mithaft für das Darlehen übernehmen. Faktisch besteht die Haftungsbegrenzung also nur gegenüber Dritten, regelmäßig aber nicht gegenüber der Hausbank.

Bei Vereinbarung der Haftungsübernahme werden die geschäftsführenden Gesellschafter von der Bank häufig als Unternehmer angesehen mit der Folge, dass die Bank es manchmal versäumt, die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes einzuhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist aber sogar der geschäftsführende Allein- oder Mehrheitsgesellschafter (erst recht also der Minderheitsgesellschafter) als Verbraucher und nicht als Unternehmer anzusehen. Demgemäß unterliegt auch die Mithaftungsübernahme den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Sind diese nicht eingehalten worden, führt dies zur Nichtigkeit der Haftungsübernahme mit der Folge, dass der Gesellschafter nicht mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haftet.

Dies hat der BGH unter ausdrücklicher Bestätigung seiner insoweit ständigen Rechtsprechung durch Urteil vom 08.11.2005 (XI ZR 34/05) bekräftigt.

Die Grundzüge dieser Entscheidung werden nachfolgend verdeutlicht:

(Anmerkung: Das Verbraucherkreditgesetz ist mit Wirkung zum 01.01.2002 außer Kraft getreten. Die hier maßgeblichen Regelungen wurden aber durch vergleichbare Regelungen in §§ 492ff. BGB ersetzt.)

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mithaftungsübernahme des früheren Gesellschafters und Geschäftsführers für die Darlehensschuld einer insolventen GmbH. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die klagende Landesbank gewährte der GmbH ein Darlehen über 2.979.000 DM aus dem Programm „Sondervermögen Unternehmenshilfe“. Der Beklagte war damals alleiniger Geschäftsführer der GmbH und an ihrem Stammkapital mit 48,8% beteiligt, während sein Sohn die restlichen Geschäftsanteile hielt. Wie im Darlehensvertrag vereinbart, übernahmen beide Gesellschafter die persönliche Mithaftung für die Darlehensrückzahlungsforderung in Höhe ihrer Beteiligungsquote.

Der zunächst zur Überwindung von Liquiditätsproblemen der GmbH ausgereichte und auf sechs Monate befristete Kredit wurde später in ein zehnjähriges Darlehen umgewandelt. In den Darlehensverträgen und in der Mithaftungsabrede waren weder der Gesamtbetrag aller von der GmbH zu leistenden Zahlungen noch der effektive Jahreszins angegeben. Im Dezember 2001 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin kündigte daraufhin den Kreditvertrag fristlos. Gestützt auf die Mithaftungsabrede nahm sie den Beklagten auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe eines Teilbetrags von 50.000 Euro zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte hielt die Mithaftungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes für nichtig.

Die Entscheidung des BGH:

Die Mithaftungsübernahmevereinbarung ist wegen Verstoßes gegen § 4 I 4 Nr. 1b und Nr. 1e VerbrKrG nichtig (§ 6 I VerbrKrG) und sichert daher nicht die Darlehensrückzahlungsforderung der klagenden Bank.

Nach Auffassung des BGH ist der Schuldbeitritt zwar seinem Wesen nach selbst kein Kreditvertrag i.S. des § 1 II VerbrKrG. Er ist aber nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH einem Kreditvertrag bei wertender Betrachtung gleichzustellen, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erklärt wird, wie hier um einen Kreditvertrag handelt. An die Formwirksamkeit des Schuldbeitritts sind deshalb dieselben strengen Anforderungen zu stellen wie an den Kreditvertrag selbst. Dies gilt im besonderen Maße für das Schriftformerfordernis und die Mindestangaben des
§ 4 I VerbrKrG, die Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher haben und ihm überdies die Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts erleichtern sollen.

Dem Beitretenden müssen daher bei Abgabe der Mithaftungserklärung die wesentlichen Kreditkonditionen i.S. des § 4 I 4 VerbrKrG – einschließlich der sich aus ihnen ergebenden Gesamtbelastung – klar und deutlich vor Augen geführt werden, damit er wie der Hauptschuldner rechtzeitig und zuverlässig erkennen kann, auf was er sich einlässt.

Dabei ist nach Auffassung des BGH der Geschäftsführer einer GmbH in Bezug auf die persönliche Mithaftungsübernahme nicht wie ein Kaufmann, Unternehmer, Gewerbetreibender oder Freiberufler zu behandeln, sondern als Verbraucher i.S. des § 1 I VerbrKrG und zwar unabhängig davon, ob er

  • Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer,
  • Hauptgesellschafter und Mitgeschäftsführer oder
  • geschäftsführender Alleingesellschafter

ist.

Auf den ersten Blick mag es seltsam anmuten, dass ein GmbH-Geschäftsführer insoweit wie ein Verbraucher zu behandeln ist. Der BGH begründet dies damit, dass nur die GmbH selbst nach § 13 III GmbHG, § 6 I HGB Kaufmann ist.

Daran ändere auch der Besitz aller oder einiger GmbH-Anteile durch den Geschäftsführer nichts, weil die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zur reinen Vermögensverwaltung zählt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH stellt die Übernahme einer Bürgschaft durch den Geschäftsführer / Gesellschafter einer GmbH für deren Verbindlichkeiten daher kein Handelsgeschäft i.S. des § 350 HGB dar.

Der BGH wörtlich:

„[17](1) Richtig ist allerdings, dass zumindest geschäftsführende Alleingesellschafter das von der GmbH betriebene Unternehmen regelmäßig genauso beherrschen und leiten wie ein Kaufmann sein Handelsgeschäft. Ebenso ist nicht zu bestreiten, dass sich die Geschäftsführertätigkeit als solche an kaufmännischen Gepflogenheiten orientiert und der Rechtsverkehr insoweit im Allgemeinen nicht zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und einem Kaufmann im Sinne des HGB unterscheidet. Für einen Kaufmann ist nach der Wertung der §§ 1ff. HGB aber auch charakteristisch, dass er für die unter seiner Geschäftsleitung begründeten Betriebsschulden persönlich mit seinem ganzen Privatvermögen haftet (Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, § 350 Rdnr. 12). Dies ist mit ein Grund dafür, dass das Gesetz den Kaufleuten bei bestimmten Handelsgeschäften mit Nichtkaufleuten rechtliche Vorteile einräumt. Gemäß § 13 GmbHG gilt das Prinzip von Unternehmensleitung und persönlicher Haftung aber nicht einmal für geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH. Selbst sie können daher den Kaufmannsstatus nicht erlangen. Folgerichtig dürfen sie auch nicht mit den bei Handelsgeschäften bestehenden Besonderheiten wie etwa bei der kaufmännischen Bürgschaft oder dem kaufmännischen Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis gem. § 350 HGB belastet werden (Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, § 350 Rdnr. 12). Überdies ist fraglich, ab welcher Beteiligungsquote ein Gesellschafter die Gesellschaft gewöhnlich so beherrscht, dass er nach der allgemeinen Verkehrsanschauung mit einem Einzelunternehmer verglichen werden kann, zumal – wie der vorliegende Streitfall zeigt – bei einer Familien-GmbH insoweit besondere Regeln zu beachten sein könnten.“

Nach Auffassung des BGH ändert sich diese Beurteilung auch dann nicht, wenn die GmbH „beträchtlichen Umsatz“ gemacht hat oder der Geschäftsführer über „ersichtlich vorhandene Erfahrungen in geschäftlichen Dingen“ verfügt. Denn abgesehen davon, dass die Umsatz- bzw. Ertragslage einer GmbH im Regelfall keine zuverlässigen Schlüsse auf die beruflichen Erfahrungen und/oder Kenntnisse des einzelnen Geschäftsführers zulässt, ist selbst eine noch so große geschäftliche Erfahrung für sich genommen kein den Kaufmannstatus begründendes Element.

Ebenso ist unerheblich, welche Motive der Bürgschafts- oder Mithaftungserklärung des geschäftsführenden Gesellschafters der kreditnehmenden GmbH zu Grunde liegen. Denn auch wenn der Beklagte mit der Übernahme der persönlichen Haftung für die Rückzahlung des Förderdarlehens den Fortbestand des Familienunternehmens und damit auch seine eigene wirtschaftliche Existenzgrundlage dauerhaft sichern wollte, so ändert dies nichts daran, dass er insoweit nicht als Geschäftsführungsorgan der GmbH, sondern als Privatmann gehandelt hat.

Nach Auffassung des BGH sei es Aufgabe des Gesetzgebers, den Schutzbereich des Verbraucherkreditgesetzes einzuschränken, falls er zu einer Änderung Anlass sähe. Das geltende Recht habe auch nicht zu Missständen in einem Ausmaß geführt, das eine Korrektur besonders dringlich erscheinen ließe. Im übrigen sei es der Bank problemlos möglich, durch Einhaltung der entsprechenden Formvorschriften eine wirksame Verpflichtung des Geschäftsführers bei der Übernahme einer Personalsicherheit für die kreditsuchende GmbH zu begründen. Dies wurde in dem zu entscheidenden Fall versäumt, obwohl der Bank spätestens seit den Entscheidungen des BGH vom 5. 6. 1996 (BGHZ 133, 71 [76ff.] = NJW 1996, 2156), vom 10. 7. 1996 (BGHZ 133, 220 [224] = NJW 1996, 2865) und vom 25. 2. 1997 (NJW 1997, 1443 [1444]) bekannt sein musste, dass eine solche Erklärung eines geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters § 4 I VerbrKrG unterliegt.

Dem Beklagten sei es auch nicht nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber der Bank auf die Nichtigkeit der Mithaftungsabrede zu berufen.

Nur unter besonderen Umständen und Verhältnissen könne dies wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich sein. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach der Rechtsprechung des BGH in aller Regel vor, wenn eine Partei sich unter Berufung auf den Formmangel ihrer vertraglichen Verpflichtung entziehen will, obwohl sie längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag geldwerte Vorteile im beträchtlichen Umfang gezogen hat. Zwar kommt dabei grundsätzlich auch ein bloßer mittelbarer Vorteil, den ein Gesellschafter durch eine rechtsgrundlose Leistung an die Gesellschaft erlangt hat, als Anknüpfungspunkt für ein treuwidriges Verhalten in Betracht (BGH NJW 1993, 1126). Dafür, dass der Beklagte von dem Förderdarlehen als ehemaliger Geschäftsführer/Gesellschafter der Hauptschuldnerin in einem Ausmaß persönlich profitiert hat, dass seine Zahlungsverweigerung als widersprüchliches und damit treuwidriges Verhalten erscheinen lässt, war aber in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen worden.

Konsequenz für die Praxis:

Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die aufgrund einer Haftungsübernahme persönlich für die Verpflichtungen der GmbH in Anspruch genommen werden, sollten durch einen Fachmann prüfen lassen, ob die Bank es ggf. versäumt hat, die gem. § 4 Abs. 1 VerbrKrG a.F. erforderlichen Angaben, insbesondere

  • den effektiven Jahreszins und
  • den Gesamtbetrag aller vom Darlehensnehmer zur Tilgung des Darlehens sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen

in den Vertrag aufzunehmen. Sofern keine der Ausnahmen in § 4 VerbrKrG a.F. oder § 492 BGB greift, ist die Haftungsübernahme dann nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a.F. bzw. § 494 BGB nichtig und eine persönliche Inanspruchnahme des Gesellschafters ausgeschlossen.

Banken sollten ihre Kreditverträge daraufhin überprüfen (lassen), ob bei Vereinbarung der Haftungsübernahme die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes eingehalten wurden, um im Krisenfall böse Überraschungen zu vermeiden.

Verfasser: Alexander Knauss, Fachanwalt für Erbrecht und Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Bank- und Kapitalanlagerecht, Bonn

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