19.08.2025 -
BFH-Urteil: Teilwertabschreibung auf Darlehensforderungen im Sonderbetriebsvermögen möglich - auch bei gewerblich geprägter Personengesellschaft und Betriebsaufgabe.
Neue Gestaltungsmöglichkeiten durch BFH Urteil: Steuerliche Aspekte bei Betriebsaufgabe im Blick!(credits: adobestock)

1. Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war alleinige Kommanditistin der gewerblich geprägten L-GmbH & Co. KG(LKG). Die LKG betrieb ein Restaurant, das sie zum 31.08.2012 abmeldete und die Räumlichkeiten an eine andere GmbH verpachtete. Ab diesem Datum gab es weder Umsätze noch Personal.

Die Klägerin hatte eine Darlehensforderung gegenüber der LKG in Höhe von rund 205.000 €, verbucht im Sonderbetriebsvermögen.

Das Finanzamt kam bei einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Betriebsaufgabe zum 31.08.2012 erfolgt sei. Folge: Auflösung des negativen Kapitalkontos der Klägerin, Ansatz eines Aufgabegewinns, der mit verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG saldiert wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurden Verluste nicht mehr der Klägerin, sondern der Komplementärin zugerechnet.

Vorinstanz FG Münster (20.07.2022, 9 K 3170/19 F) bestätigte die Betriebsaufgabe und lehnte eine Teilwertabschreibung der Darlehensforderung ab – Begründung: Bei gewerblich geprägten Personengesellschaften sei diese nach den Grundsätzen der korrespondierenden Bilanzierung erst bei Vollbeendigung möglich, nicht bereits zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe.

Die Klägerin legte Revision ein – mit Hauptantrag gegen die Annahme der Betriebsaufgabe, hilfsweise auf Anerkennung von Sonderbetriebsverlusten durch Teilwertabschreibung.

2. Entscheidungsgründe des BFH

Betriebsaufgabe zum 31.08.2012

Der BFH (BFH-Urteil vom 12.06.2025, IV R 28-22) bestätigte die FG-Feststellungen: Einstellung der werbenden Tätigkeit, keine wesentlichen Betriebsgrundlagen, keine konkrete Wiederaufnahmemöglichkeit. Eine bloße Betriebsunterbrechung lag nicht vor.

Die bloße Hülle einer gewerblich geprägten Personengesellschaft begründet keine mitunternehmerisch ausgeübte gewerbliche Tätigkeit ihrer Gesellschafter.“

Steuerliche Folgen der Betriebsaufgabe

  • Auflösung des negativen Kapitalkontos: Der Gewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG gehört zum Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 EStG).
  • Verrechnung dieses Aufgabegewinns mit verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG: Dem Gewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos standen im Streitfall in gleicher Höhe verrechenbare Verluste gegenüber, die zu einer Verrechnung nach § 15a Abs. 2 EStG und einem danach verbleibenden verrechenbaren Verlust von 0 € führten.
  • Nach der Betriebsaufgabe: Verluste allein der Komplementärin zuzurechnen.

Ein Verlustanteil des Kommanditisten bei negativem Kapitalkonto ist nicht mehr anzuerkennen, soweit bei Aufstellung der Bilanz nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag (im Streitfall der Aufgabezeitpunkt) feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen des Kommanditisten nicht mehr in Betracht kommt. … Der Verlust ist in diesem Fall und zu diesem Zeitpunkt auf die persönlich haftenden Gesellschafter und auf die übrigen Kommanditisten – auf diese allerdings nur bis zur Höhe ihrer Kapitalanteile und ihrer noch rückständigen Einlagen – … zu verteilen…“

Die darüber hinausgehenden Verluste sind alleine von den Komplementären zu tragen und diesen als (negativer) Gewinnanteil zuzurechnen.

Teilwertabschreibung im Sonderbetriebsvermögen

Der BFH widerspricht der Vorinstanz und stellt klar:

  • Grundsatz: Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen gegenüber der Personengesellschaft gehören nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz (Gesamthandsbilanz) auszuweisenden Eigenkapital. Sie gehören aber zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters das als steuerliches Eigenkapital behandelt wird. Selbst wenn die Wertlosigkeit der Darlehnsforderung feststeht, folgt aus der Behandlung als steuerliches Eigenkapital: Eine Wertberichtigung kommt während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht. Ein Verlust im Sonderbetriebsvermögen wird wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also (i) beim Ausscheiden des Gesellschafters oder (ii) bei Beendigung der Gesellschaft realisiert.
  • Ausnahme bei Betriebsaufgabe: Die Verlustrealisierung ist hier bereits im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe möglich, nicht erst bei Vollbeendigung.

Maßgeblich für die Verlustrealisierung infolge der Wertlosigkeit einer Darlehensforderung ist der Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft ihren Gewerbebetrieb im Ganzen aufgibt oder veräußert.“

  • Dies gilt auch bei gewerblich geprägten Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Die gesetzliche Fiktion betrifft nur die gewerbesteuerliche Behandlung, nicht die Fiktion fortbestehender Mitunternehmerschaft nach Betriebsaufgabe.

Die Fiktion „dient jedoch nicht dazu, eine durch Betriebsaufgabe beendete mitunternehmerische Tätigkeit als fortbestehend zu fingieren.

Allein die bloße Hülle einer gewerblich geprägten Personengesellschaft begründet beziehungsweise fingiert keine mitunternehmerisch ausgeübte gewerbliche Tätigkeit ihrer Gesellschafter“.

3. Einordnung und praktische Relevanz

Das Urteil konkretisiert, dass die strengen Regeln der korrespondierenden Bilanzierung bei Betriebsaufgabe gelockert sind. Bei Betriebsaufgabe kann eine wertlose Darlehensforderung im Sonderbetriebsvermögen abgeschrieben werden – auch bei gewerblich geprägter Personengesellschaft. Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen sind somit möglich, selbst wenn die Gesellschaft formal noch besteht. Das Verbot der Wertberichtigung vor Vollbeendigung gilt dann nicht.

Bei der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit sollte geprüft werden, ob im Sonderbetriebsvermögen gehaltene Forderungen wertlos geworden sind. Eine sofortige steuerliche Berücksichtigung kann Liquiditätseffekte durch Verlustverrechnung bringen.

Die Entscheidung schränkt die bisher durch die Finanzverwaltung vertretene Auffassung ein, dass bei gewerblich geprägten Personengesellschaften eine Wertberichtigung erst bei Vollbeendigung zulässig ist.

Für Gesellschafter und ihre Berater eröffnet dies frühere Verlustrealisierungen und entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abwicklung von Mitunternehmerschaften.


Autor: RA & StB Andreas Jahn

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