02.09.2025 -
BFH-Urteil: Drei-Objekt-Grenze schließt erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch bei En-bloc-Verkäufen einer Kapitalgesellschaft aus.
Wann wird der Rahmen bloßer Vermögensverwaltung bei der Veräußerung von Immobilien überschritten?BFH konkretisiert die Drei-Objekt-Grenze! (credits: adobestock)

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 03. Juni 2025 (III R 12/22) befasst sich mit der Frage, wie die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Zusammenhang mit der Drei-Objekt-Grenze beim gewerblichen Grundstückshandel zu beurteilen ist. Konkret geht es um die En-bloc-Veräußerung mehrerer Immobilien durch eine Kapitalgesellschaft. Der BFH entschied, dass bereits der Verkauf von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahren auch dann einen schädlichen gewerblichen Grundstückshandel begründet, wenn alle Grundstücke in einem einzigen Verkaufsakt an einen Erwerber übertragen werden. Damit wird die erweiterte Kürzung versagt – mit erheblichen Folgen für Immobiliengesellschaften und deren steuerliche Gestaltung.

1. Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH innerhalb eines Immobilienkonzerns, erwarb im Jahr 2016 fünf vermietete Mehrfamilienhäuser. Drei Jahre später, im Jahr 2018, veräußerte sie diese Objekte en bloc an eine andere Konzern-Gesellschaft. Das Finanzamt sah hierin einen gewerblichen Grundstückshandel und versagte die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Die GmbH argumentierte, dass die bloße En-bloc-Veräußerung an einen Erwerber keine nachhaltige Tätigkeit darstelle und daher nicht schädlich sei.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg folgte dieser Argumentation nicht. Auch der BFH bestätigte nun, dass die Klägerin durch den Verkauf der fünf Objekte den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung überschritten hatte.

2. Entscheidungsgründe des BFH

Der BFH stützt seine Entscheidung auf folgende zentrale Erwägungen:

a. Drei-Objekt-Grenze als maßgebliches Indiz:

  • Veräußert ein Steuerpflichtiger innerhalb von fünf Jahren mindestens vier Objekte, spricht dies typisierend für eine von vornherein bestehende bedingte Veräußerungsabsicht.
  • Diese Indizwirkung gilt auch für Kapitalgesellschaften.

b. En-bloc-Verkauf ohne Bedeutung:

  • Unerheblich ist, ob die Objekte an einen oder mehrere Erwerber verkauft werden.
  • Auch der Verkauf in einem einzigen Akt („en bloc“) überschreitet die Grenze zur Gewerblichkeit.

c. Nachhaltigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG nicht erforderlich:

  • Bislang war offen, für die erweiterte Kürzung auch bei einer Kapitalgesellschaft das Kriterium der Nachhaltigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG in derselben Weise zu prüfen ist wie bei einem Personenunternehmen. der BFH entschied jetzt: Anders als bei Personenunternehmen kommt es bei Kapitalgesellschaften nicht darauf an, ob eine nachhaltige Tätigkeit vorliegt.
  • Für die Versagung der erweiterten Kürzung genügt bereits, dass die Tätigkeit den Charakter einer gewerblichen Umschichtung trägt.

d. Rahmen der Vermögensverwaltung überschritten:

  • Durch die zeitnahe Veräußerung sämtlicher Objekte nach nur drei Jahren trat die Umschichtung von Vermögenswerten gegenüber der langfristigen Nutzung (Vermietung) eindeutig in den Vordergrund.
  • „Ob eine Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG trotz der en-bloc-Veräußerung aller fünf Grundstücke an nur eine Erwerberin vorliegt, ist unerheblich für die Bejahung des Grundstückshandels der Klägerin, der gegenüber der nur kurzzeitigen Vermietung entscheidend in den Vordergrund getreten ist.“

3. Einordnung und praktische Auswirkungen

  • Planungssicherheit: Kapitalgesellschaften können sich nicht mehr darauf berufen, dass ein einmaliger En-bloc-Verkauf die erweiterte Kürzung nicht gefährdet.
  • Steuerrisiken: Bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze droht der Verlust der erweiterten Kürzung – mit einer erheblichen Mehrbelastung durch Gewerbesteuer.
  • Gestaltungshinweis: Gesellschaften, die Immobilien erwerben und kurzfristig wieder veräußern, sollten prüfen, ob die Einhaltung der Drei-Objekt-Grenze möglich ist.
  • Konzernstrukturen: Auch konzerninterne Transaktionen werden einbezogen. Die bloße Übertragung innerhalb einer Unternehmensgruppe schützt nicht vor der Qualifikation als gewerblicher Grundstückshandel.

4. Fazit

Das BFH-Urteil vom 03.06.2025 (III R 12/22) verdeutlicht: Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist eine attraktive Option, die Immobiliengesellschaften nur dann ziehen können, wenn sie tatsächlich eigene Immobilien langfristig verwalten und nutzen. Bereits eine einmalige, aber umfangreiche En-bloc-Veräußerung kann genügen, um die Grenze zur Gewerblichkeit zu überschreiten.

Immobiliengesellschaften und Ihrer Berater müssen daher sorgfältig prüfen, ob geplante Veräußerungen die Drei-Objekt-Grenze verletzen – andernfalls droht ein vollständiger Verlust der erweiterten Kürzung und damit eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung.


Autor: RA & StB Andreas Jahn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“
    (JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Begleitung von Unternehmenstransaktionen, Umwandlungen, Umstrukturierungen
  • Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerplanung
  • Steuerrecht der Non-profit-Organisationen, Vereine, Verbände, Stiftungen
  • Familienunternehmen und Familienstiftungen
  • Steuerstrafrecht, Selbstanzeigeberatung

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen