Cloud: Lösung von unliebsam gewordenen IT-Verträgen

Aufgrund des sich schnell wandelnden IT-Markt kann es sich für ein Unternehmen lohnen, in Betracht zu ziehen, sich von einem bestehenden Cloudvertrag zu lösen.
Aufgrund des sich schnell wandelnden IT-Markt kann es sich für ein Unternehmen lohnen, in Betracht zu ziehen, sich von einem bestehenden Cloudvertrag zu lösen (credit:adobestock).

A. Schnelllebiger IT-Markt

Der IT-Markt wandelt sich schneller als andere Märkte – bessere Produkte werden täglich neu angeboten, und IT-Produkte, die bereits seit ein paar Monaten auf dem Markt sind, werden anderswo plötzlich sehr günstig angeboten. Dies gilt insbesondere für die heutzutage überwiegend erhältlichen Cloudverträge. Bei diesen erhält der Nutzer nicht mehr die Software selbst miet- oder kaufweise, sondern lediglich die Möglichkeit der Nutzung der Software für einen bestimmten Zeitraum über eine Cloud.

Welcher Unternehmer würde da nicht gerne sofort das Pferd wechseln. Insbesondere, wenn das neue Pferd zugleich schneller und günstiger ist und mehr Funktionen aufweist oder schlicht mehr Komfort bietet. Das findet sich auf dem IT-Markt nicht selten binnen kurzer Zeit. Doch Verträge sind grundsätzlich einzuhalten. Aber eben nur grundsätzlich.

B. Vertragslösung

Wie können sich Unternehmer also von ihrem Vertrag mit dem alten Cloudanbieter lösen?

I. Beendigung durch Ablaufen der vereinbarten Vertragslaufzeit

Zunächst ist ein Blick in den bestehenden, unliebsamen oder unliebsam gewordenen Vertrag ratsam. Endet die vereinbarte Laufzeit vielleicht ohnehin bald (und ist dennoch genügend Zeit, sorgfältig umzusatteln)?

II. Vertrag mit Verlängerungsautomatik

Enthält der Vertrag, wie häufig, eine Laufzeitvereinbarung, nach der er sich – ohne weiteres Zutun – bei Ausbleiben einer Kündigung binnen einer bestimmten Frist vor Ablauf der Laufzeit automatisch um eine weitere Laufzeit, häufig ein Jahr, verlängert? Dann gilt es, unter Wahrung der Form dem IT-Anbieter die Kündigung zu erklären.

III. Sofortige Kündigung häufig nur nach zuvoriger geordneter Eskalation

Für eine sofortige Kündigung des Vertrags bedarf es eines groben Fehlverhaltens des Cloudanbieters, das dem Diebstahl des goldenen Löffels nahekommt. Das Gesetz spricht von einem wichtigen Grund. Dieser muss aber derart eklatant sein, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zumutbar ist. Dies wird nur selten vorliegen.

Möglicherweise weist aber die dem Vertrag zugrundeliegende Leistungsbeschreibung der Softwareanwendung eine Funktionalität aus, die tatsächlich nicht oder nicht wie angepriesen gegeben ist. Hier wäre daran zu denken, den Cloudanbieter unter Fristsetzung zur Abhilfe aufzufordern und bei Verstreichen dieser und vielleicht noch einer weiteren Frist schlicht die Kündigung des Vertrages zu erklären. Eine solche Lösung vom Vertrag im Unguten will aber bedacht und vorbereitet sein. Und die vorübergehende Nichteinhaltung eines „Nebenparameters“ aus dem SLA („Service-Level-Agreement“) dürfte eher nicht ausreichen.

IV. Freie Kündigung

Bei Werkverträgen hat der Besteller von Gesetzes wegen ein sogenanntes „freies Kündigungsrecht“. Er kann die Bestellung des Werkes beim Unternehmer jederzeit kündigen. Der Unternehmer ist dann zwar berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch unter anderem dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen hat. Weil dies regelmäßig schwierige Berechnungen nach sich zieht, hat bereits der Gesetzgeber vermutet, dass dem Unternehmer 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. In der Praxis kommen auf den Unternehmer lästige Nachweispflichten zu, wenn er mehr als die vermuteten 5% verlangt.

Dies wird jedoch unterschiedlich gesehen. In dem jüngst von uns behandelten Fall hat das Landgericht Düsseldorf (Handelskammer) den recht hemdsärmeligen Vortrag des Unternehmers zu seinen Einsparungen für ausreichend erachtet.

Nun könnte man annehmen, dass vielleicht die individuelle Herstellung eines Tisches einen Werkvertrag darstellt, im Bereich der IT-(Cloud-)Verträge ein solcher aber wohl eher nicht anzunehmen ist. Dem ist der BGH aber bereits vor einigen Jahren entgegengetreten, indem er bestimmte „Internet-Verträge“, so u.a. Access- und Host-Providerverträge, insgesamt als Werkvertrag eingeordnet hat. Dies eröffnet auch für IT-Cloud-Verträge in der Breite der Servicemodelle (Infrastructure-/ Platform-/ Software- / Function as a Service („XaaS“) Argumentationshilfen für mögliche Beendigungsszenarien.

Zwar ist das „freie Kündigungsrecht“ individualvertraglich abdingbar. In der Praxis finden sich aber nur zu häufig unwirksame Ausschlussklauseln.

V. Zustellung der Kündigungserklärung an einen IT-Anbieter mit Sitz in den USA

Die Zustellung der Kündigungserklärung an einen US-Anbietern mit Sitz in den USA ist nicht ganz ohne. Hier gilt es zudem oft, zunächst die maßgeblichen AGB, also die Terms and Conditions („Ts and Cs“), zu recherchieren, da man bei Online-Vertragsschluss allenfalls das digitale, ausgefüllte pdf-Bestellformular, vielleicht sogar die Bestätigungsmail gesichert hat, nicht aber die per schlichtem Link auf die Anbieter-Website einbezogenen, englischsprachigen Terms and Conditions, vorzugsweise sogar die zum Produkt passenden AGB in der maßgeblichen, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Version.

C. Rückforderung der im Voraus für einen längeren Zeitraum bereits entrichteten Beträge schwierig

Im Voraus für einen längeren Zeitraum bereits entrichtete Zahlungen lassen nicht nur bei Anbietern mit Sitz im Ausland wenig Raum für kreative Überlegungen, den bereits überwiesenen Betrag nach einer Kündigungserklärung zumindest anteilig rückzufordern.

Es wird sich nur bei sehr großen Beträgen lohnen, unter Beauftragung von US-Rechtsanwälten und vor US-Gerichten ein Urteil zu erlangen, welches Ihnen einen Anspruch auf Rückforderung bescheinigt. Dies gilt übrigens bereits für Verträge, die mit einem holländischen IT-Anbieter, also häufig keine 100km entfernt, geschlossen werden, von irischen Anbietern ganz zu schweigen. Das Prozessrisiko verbleibt aber auch bei einem Cloud-Anbieter mit Sitz in Deutschland beim vertragsbeendenden Besteller.

D. Daten regelmäßig selbst sichern

Schlechte Karten haben Unternehmer auch dann, wenn sie ihre Unternehmensdaten, mit der sie die Cloudanwendung regelmäßig gefüttert haben oder die daraus generierten Daten nicht regelmäßig auf ihren eigenen Systemen gespeichert haben, sondern sich allein auf die Speicherung bei dem Cloudanwender verlassen haben.

E. Unterstützungsklausel verhandeln

Achten Sie darauf, in den nächsten Vertrag über das schnellere Pferd eine Klausel zu verhandeln, nach der der Cloud-Anbieter verpflichtet ist, Sie beim Wechsel auf den neuen Anbieter zu unterstützen. Noch besser ist es, wenn sogar die Gegenleistung, also der von Ihnen zu zahlende Preis für die Unterstützung, im Vorhinein feststeht.

Denn im IT-Umfeld ist das schnelle Pferd zeitnah das schnellere gewesen.

Gerne unterstützen wir Sie bei Überlegungen und Risikoabwägungen zum Wechsel Ihres IT-(Cloud)Anbieters.

Autor: Oliver Korth, LL.M.

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Assoziierter Partner
Oliver Korth, LL.M.
  • LL.M. Computer and Communications Law (University of London)
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für IT-Recht
  • Zertifizierter Datenschutzbeauftragter
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