28.06.2023

Ein Überblick über die Pflichten, die Haftung und die Haftungsvermeidung eines GmbH-Geschäftsführers – was Sie wissen sollten!

Überblick über die Pflichten, die Haftung und die Haftungsvermeidung eines Geschäftsführers einer GmbH. Geschäftsführerhaftung
Wofür haftet der Geschäftsführer einer GmbH? (credit: adobestock)

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die beliebteste Form der Kapitalgesellschaften in Deutschland. Es gibt über eine Millionen Unternehmen, die in dieser Gesellschaftsform organisiert sind. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen kann die Wahl der GmbH als Rechtsform besonders attraktiv sein. Die Beschränkung des wirtschaftlichen Risikos auf der einen Seite und die einfache Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen (Geschäftsanteilen) auf der anderen Seite ermöglichen es, den dynamischen Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs gerecht zu werden.

Inhaber der GmbH sind ihre Gesellschafter, die allerdings nicht unmittelbar mit den Geschäften der Gesellschaft im Rechtsverkehr betraut sein müssen. Nach § 35 Abs. 1 GmbHG ist diese Aufgabe vielmehr dem Geschäftsführer vorbehalten. Freilich können auch Gesellschafter sog. Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH sein. Der Geschäftsführer hat weitgehende Handlungsbefugnisse. Daraus kann sich allerdings auch ein hohes Haftungsrisiko ergeben. Pflichtverletzungen des GmbH-Geschäftsführers bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben können eine persönliche Haftung gegenüber der GmbH, den Gesellschaftern, den Gläubigern der GmbH oder Dritten auslösen.

1. Was sind die Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers?

Haftungsrisiken des Geschäftsführers ergeben sich insbesondere aus der Verletzung der ihm betreffenden Geschäftsführerpflichten gegenüber dem GmbH (sog. Binnenpflichten). Daher folgt nachstehend ein kurzer Überblick der dem Geschäftsführer zugeordneten Pflichten, um mögliche Risikoherde zu veranschaulichen.

Die Geschäftsführung – was hat der Geschäftsführer zu tun?

Die zentrale Aufgabe bildet die Führung der täglichen Geschäfte des Unternehmens im Rechts- und Wirtschaftsverkehr. Das umfasst alle rechtlichen und tatsächlichen Handlungen, die der alltägliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Hierbei muss sich der Geschäftsführer stets am Gesellschaftszweck orientieren und auf diesen hinarbeiten sowie sämtliche Gesetzes- und Satzungsvorschriften (sog. Legalitätspflicht) einhalten. Insbesondere vertritt er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich im Geschäftsverkehr. Im Rahmen der Ausübung seiner Geschäftsführungsbefugnis kommt ihm zudem eine Auskunfts- und Informationspflicht gegenüber sämtlichen Gesellschaftern zu.

Die Treuepflicht – was hat der Geschäftsführer zu beachten?

Von besonderer Virulenz ist der gesetzlich nicht geregelte, jedoch allgemein anerkannte Grundsatz der organschaftlichen Treuepflicht. Danach hat der Geschäftsführer stets die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Er darf seine Position im Unternehmen nicht zur Verfolgung entgegenlaufender Eigeninteressen nutzen.

Im Zuge der Treuepflicht ist zudem auf das Wettbewerbsverbot während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft hinzuweisen. Der Geschäftsführer muss solche Handlungen unterlassen, die zulasten der Gesellschaft einen Konkurrenten wirtschaftlich bevorteilen.

Die Gesellschafterversammlung – welche Pflichten obliegen dem Geschäftsführer?

Eine ganze Reihe von Aufgaben für den Geschäftsführer geht mit der Gesellschafterversammlung einher. Diese erstrecken sich von der Einberufung über ggf. die Leitung der Versammlung bis hin zur Überwachung der rechtmäßigen Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung. In bestimmten Fällen kann eine Pflicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung dem GmbH-Geschäftsführer obliegen – so etwa anlässlich der Feststellung des Jahresabschlusses.

2. Haftungsrisiken des Geschäftsführers – was muss man wissen?

Fällt dem Geschäftsführer eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last, kann dies sowohl eine Außenhaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, als auch eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern selbst auslösen. Nicht zu unterschätzen ist zudem eine im Einzelfall zu prüfende straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers.

Als Maßstab im Innenverhältnis für ein schuldhaftes Verhalten des Geschäftsführers gilt nach § 43 Abs. 1 GmbHG „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“. Er muss insoweit wie ein selbstständiger, treuhänderischer Verwalter fremden Vermögens handeln, wobei auch Art und Größe des Unternehmens im Einzelfall zu beachten sind. Es handelt sich hierbei um einen verobjektivierten Maßstab, sodass die persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse des Geschäftsführers grundsätzlich unbeachtlich sind.

Haftung gegenüber der Gesellschaft

Ausschlaggebend für eine Binnenhaftung gegenüber der GmbH ist eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers.

Denkbar sind zunächst Pflichtverstöße aus einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung. In praxi weit verbreitete Haftungskonstellationen entstehen beispielsweise aus dem Eingehen unangemessener Risiken, etwa durch das Anlegen von Gesellschaftsmitteln in risikoreichen Wertpapieren, einer Verletzung der Informations- und Auskunftspflicht gegenüber den Gesellschaftern oder nachlässige Überwachung nachgeordneter Mitarbeiter oder der Mitgeschäftsführer.

Darüber hinaus kommt auch eine Verletzung der Legalitätspflicht oder der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft in Betracht. Die Legalitätspflicht verlangt im Ausgangspunkt dem Geschäftsführer ab, sämtliche Rechts-, Gesetzes- und Satzungsnormen einzuhalten. Insbesondere verbietet sich aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht die Ausnutzung der gesellschaftlichen Organstellung zur Erlangung von Sondervorteilen zum Nachteil der Gesellschaft.

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers entsteht wiederum durch jede konkurrenzdienende Geschäftstätigkeit im Geschäftszweig der Gesellschaft. Hier ist besondere Vorsicht geboten, weil das Wettbewerbsverbot weit zu verstehen ist und daher mehr Geschäfte erfasst, als es auf den ersten Blick den Anschein macht.

Haftung gegenüber den Gesellschaftern

Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt allerdings auch eine Haftung gegenüber den einzelnen Gesellschaftern in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn Regelungen verletzt werden, die dem besonderen Schutz der Gesellschafter dienen. Beispielhaft seien etwaige Verstöße im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht zu nennen. Auch kann durch eine falsche Anzeige der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH der Ruf und die Kreditwürdigkeit des Unternehmens geschädigt werden.

Haftung gegenüber Dritten

Grundsätzlich haftet im Außenverhältnis gegenüber Dritten allein die GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Allerdings sind heute in der Rechtsprechung Fallgruppen anerkannt, in denen der Geschäftsführer gegenüber Dritten persönlich haftet.

Handelt der Geschäftsführer als Vertreter der GmbH im Rechtsverkehr, haftet er gegenüber dem Geschäftspartner persönlich, wenn er bei Vertragsschluss die Vertretung der Gesellschaft nicht offenlegt und daher bei seinem Gegenüber den Eindruck erweckt, er selbst würde Vertragspartei.

Im Bereich der Steuern und Sozialabgaben kann eine persönliche Haftung aus § 69 AO entstehen, wenn der Geschäftsführer seiner Pflicht, die monatliche Lohnsteuer- und Umsatzvoranmeldung abzugeben, nicht nachkommt oder die Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß einbehält und an das Finanzamt abführt. Versäumt es der Geschäftsführer, die Arbeitnehmer der Gesellschaft bei einer Sozialversicherung und einer Krankenkasse anzumelden, kommt sogar eine Strafbarkeit nach § 266a StGB in Betracht, wenn infolgedessen die Sozialversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig an den Sozialversicherungsträger abgeführt werden.

Daneben geht auch die Insolvenz der Gesellschaft mit einigen Haftungsrisiken einher. Zum einen droht eine Haftung gegenüber Dritten, wenn der Geschäftsführer den Insolvenzantrag nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft nicht rechtzeitig stellt. Daneben sind andere, zum Schadensersatz verpflichtende Verstöße gegen insolvenzrechtliche Pflichten während des Insolvenzverfahrens möglich.

Unterlässt der Geschäftsführer es, die Gesellschafterliste im Handelsregister trotz eines vollzogenen Gesellschafterwechsels zu ändern und entsteht einem Dritten aufgrund der Unkenntnis hierüber ein Schaden, haftet er diesem gegenüber unter Umständen persönlich auf Ersatz des entstandenen Vermögensschadens.

Auch kommt eine persönliche Haftung in Betracht, wenn der Dritte ein besonderes Vertrauen in den Geschäftsführer gesetzt hat.

Daneben ist an eine deliktische Haftung aus §§ 823 ff. BGB und an eine Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz zu denken. Diese vielseitigen denkbaren Haftungskonstellationen zeigen die unbestreitbare Notwendigkeit eines GmbH-Geschäftsführers, Haftungsrisiken vorzubeugen.

3. Begrenzung der Haftungsrisiken – was kann man machen?

Die Möglichkeiten einer Haftungsbegrenzung sollten weitestgehend ausgeschöpft werden. Im Folgenden werden Strategien und Wege, das Haftungsrisiko zu minimieren, aufgezeigt. Diese zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass der Geschäftsführer präventiv Haftungsvermeidungskonzepte entwickeln sollte.

Organisation und Risikomanagement

Erstens kann der Geschäftsführer sich weitgehend für Fehler durch die ihm nachgeordneten Mitarbeiter entziehen, indem er nachweist, dass er sie ordnungsgemäß ausgewählt, eingewiesen und überwacht hat („Legalitätskontrolle & Compliance-Management“). Darüber hinaus hilft die Etablierung eines effektiven Risikomanagementsystems, Gefahren frühzeitig zu erkennen und der Informationspflicht gegenüber den Gesellschaftern ordnungsgemäß nachzukommen.

Vertragliche oder satzungsmäßige Haftungsbeschränkungen

Gegenüber der Gesellschaft (nicht aber gegenüber Dritten) kann zudem im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers oder in der Satzung der GmbH durch eine entsprechende Abrede die Haftung für schuldhafte Pflichtverletzungen dem Grunde nach eingeschränkt werden – etwa auf die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden. Auch die Vereinbarung eines Höchstbetrages, über den hinaus ein Geschäftsführer nicht in Anspruch genommen werden darf, ist grundsätzlich zulässig.

Zustimmung der Gesellschafterversammlung

Eine Haftungsbefreiung gegenüber der Gesellschaft tritt auch dann ein, wenn der Geschäftsführer auf wirksame Weisung hin oder mit wirksamer Zustimmung der Gesellschafterversammlung gehandelt hat. Eine wirksame Zustimmung setzt dabei eine der Beschlussfassung vorausgehende hinreichende Aufklärung und Beratung der Gesellschafter voraus. Ein unwirksamer Gesellschafterbeschluss entfaltet dagegen keine enthaftende Wirkung.

Einführung eines Ressortsystems

In größeren Unternehmen mit vielseitigen Geschäftsfeldern und mehreren Geschäftsführern sollte zudem die Etablierung eines Ressortsystems angestrebt werden. Auf diese Weise können einzelne Geschäftsfelder jeweils einem bestimmten Geschäftsführer zugewiesen werden, sodass diesen die volle Haftung für Verstöße aus diesem Bereich trifft, während die Mitgeschäftsführer diesbezüglich nur für mögliche Überwachungsfehler haften.

Abschluss einer D&O-Versicherung

Zudem kann eine D&O-Versicherung Schutz vor einer eigenen Haftung gegenüber der Gesellschaft und/oder Dritten bieten. Derartige Versicherungen werden in unterschiedlichen Ausgestaltungen angeboten, sodass bei der Auswahl der Versicherung ebenfalls Sorgfalt geboten ist.

Fazit

Geschäftsführern kommt in der Organisationsstruktur der GmbH eine tragende Funktion zu. Sie können die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens weitgehend steuern und beeinflussen. Daraus ergeben sich abhängig vom Einzelfall vielseitige Haftungsrisiken.

Oft ist es kaum möglich, sich selbst einen Überblick über die Risiken einer persönlichen Haftung zu machen, um etwaige Vermeidungsstrategien zu etablieren. Insoweit ist es empfehlenswert, frühzeitig und präventiv anwaltliche Beratung zu suchen, um die persönliche Haftung zu begrenzen. Dies gilt vor allem für Fremdgeschäftsführer einer GmbH, die sich stets dem Haftungsverlangen der Gesellschafter ausgesetzt sehen.

Gerne berät Sie der Autor des Beitrags zu Themen der Geschäftsführerhaftung und entwickelt mit Ihnen individuelle Strategien der Haftungsvermeidung und Haftungsbeschränkung.

Autor:

Dr. Karl Brock

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