
1. Einleitung
Mit Beschluss vom 20.03.2025 (Az. III R 14/23) hat der BFH eine für Immobilienunternehmen und Steuerberater bedeutsame Entscheidung zur erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG getroffen. Der BFH bestätigt, dass trotz der Veräußerung von mehr als drei Immobilienobjekten im sechsten Jahr nach Erwerb kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt – und deshalb die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht verloren geht.
2. Sachverhalt
Die klagende A-GmbH, verwaltete eigenen Grundbesitz und war auf Vermietung sowie Verpachtung von Immobilien ausgerichtet. Alleinige Gesellschafterin war die A Holding GmbH, deren Gesellschafter ursprünglich B und C waren. Nach dem überraschenden Tod von C im Jahr 2012 übernahm B sämtliche Anteile.
Die A GmbH erwarb im Jahr 2007 insgesamt 15 Grundstücke, die sie in ihrem Anlagevermögen hielt. Im März 2013 – also im sechsten Jahr nach Erwerb – veräußerte sie 13 dieser Grundstücke mit insgesamt 133 Wohneinheiten und 12 Gewerbeeinheiten. Zwei weitere Objekte wurden erst im Jahr 2015 verkauft.
Die Finanzierungen der Grundstücke erfolgten über bankübliche Darlehen mit Bürgschaften der Gesellschafter. Es gab keine Aktivitäten zur „Marktgängigmachung“ innerhalb der ersten fünf Jahre.
Finanzamt und Gerichtsverfahren
In den ursprünglichen Gewerbesteuerbescheiden wurde die beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung verneinte das Finanzamt später diese Kürzung und erließ geänderte Bescheide unter Verweis auf einen ge-werblichen Grundstückshandel. Die Klägerin klagte erfolgreich vor dem Finanzgericht Münster (Urteil vom 26.04.2023, 13 K 3367/20 G).
3. Entscheidungsgründe des BFH
Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Kapitalgesellschaften unterliegen der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 GewStG). Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG greift bei ausschließlicher Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, nicht aber bei originär gewerblichem Grundstückshandel.
„Die Grenze von der Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit wird überschritten, wenn (…) die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung (…) entscheidend in den Vordergrund tritt.“
Zur Drei-Objekt-Grenze
Die sogenannte Drei-Objekt-Grenze ist ein richterrechtliches Instrument zur Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel. Eine Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahren lässt typischerweise auf eine gewerbliche Tätigkeit schließen. Der Fünf-Jahres-Zeitraum ist zwar keine starre Grenze. Bei Grundstücksveräußerungen nach Ablauf von mehr als fünf Jahren – und in besonderem Maße bei erstmaligen Veräußerungen danach – müssen jedoch weitere Beweisanzeichen hinzutreten, um von Anfang an einen gewerblichen Grundstückshandel annehmen zu können.
In der vorliegenden Entscheidung betont der BFH die Bedeutung des zeitlichen Faktors und der Umstände im Einzelfall:
- Veräußerungen erfolgten erst im sechsten Jahr nach Erwerb.
- Keine Anhaltspunkte für eine anfängliche Veräußerungsabsicht im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum.
- Keine Maßnahmen zur Marktgängigmachung wie Aufteilung in Wohnungseigentum, Umfinanzierungen oder Verkaufsversuche.
- Der Tod des Gesellschafters C war ein außergewöhnlicher, nicht vorhersehbarer Anlass, der die spätere Veräußerung begründete.
- Persönliche Beweggründe sind im Regelfall unbeachtlich, wenn die Veräußerungen innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums erfolgten.
„Bei einer Veräußerung außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums können (…) außergewöhnliche Anlässe – wie das überraschende Versterben eines Gesellschafters – in die Würdigung einbezogen werden.“
Zusammenfassende Aussagen des BFH
- „Erfolgen innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Grundstückserwerb weder Grundstücksveräußerungen noch diese vorbereitende Maßnahmen, kann bei Veräußerung einer zweistelligen Anzahl von Objekten im sechsten Jahr aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen sein.“
- „Die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze außerhalb des maßgeblichen Zeitraums begründet keinen gewerblichen Grundstückshandel, wenn konkrete Indizien für eine frühzeitige Veräußerungsabsicht fehlen.“
4. Fazit
Auch bei umfangreichen Immobilienveräußerungen ist entscheidend:
- Erfolgen diese außerhalb des maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraums?
- Liegen keine vorbereitenden Maßnahmen oder Vermarktungsaktivitäten vor?
- Gibt es plausible besondere Umstände für den späteren Verkauf?
Für die steuerliche Gestaltung
Bei langfristigen Immobilieninvestitionen kann diese BFH-Entscheidung bei späteren Veräußerungen strategisch genutzt werden – vorausgesetzt, sie erfolgen aus klar nachvoll-ziehbaren, nicht gewerblich geprägten Motiven. Entscheidend ist dabei:
- Dokumentation der Nutzung als Anlagevermögen.
- Vermeidung von Umfinanzierungen, Umwidmungen oder Wohnungsaufteilungen.
- Keine Maßnahmen vornehmen, um die Objekte marktgängig zu machen.
- Nachvollziehbare Begründung für spätere Veräußerungen (z. B. Erbfall, Liquiditätsbe-darf, Strukturveränderungen).
Autor: RA & StB Andreas Jahn
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)
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