Das FG Schleswig-Holstein erkennt ein Guernsey-Trustvermögen als nicht dem Nachlass zugehörig an – Daher: Keine Erbschaftsteuer.
Steuerpflichtige mit ausländischen Trustkonstruktionen aufgepasst: Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat mit seinem Urteil nachvollziehbare Kriterien zur Vermeidung der Erbschaftsteuerpflicht aufgestellt! (credits: adobestock)

I. Sachverhalt

Im Zentrum des Urteils steht die steuerliche Behandlung eines nach dem Recht von Guernsey gegründeten Trusts („C Trust“) im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuer. Die Mutter des Klägers (Erblasserin), die im Inland lebte, hatte 1997 über ihre Söhne als formale „Settlors“ (Gründer) einen rechtsgeschäftlich errichteten Trust („express trust’“) auf Guernsey errichten lassen. Der Trust wurde mit erheblichen Vermögenswerten – letztlich von der Erblasserin selbst – ausgestattet.

Nach dem Tod der Erblasserin im Jahr 2005 wurde das Trustvermögen in der Erbschaftsteuererklärung zunächst nicht berücksichtigt. Erst 2015 kam es zu einer Nacherklärung durch den Kläger. Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und bezog das dem Kläger zustehende anteilige Trustvermögen in die Besteuerung ein.

Der Kläger wehrte sich dagegen mit dem Argument, das Trustvermögen sei als intransparente, eigenständige Vermögensmasse anzusehen. Es sei damit nicht dem Nachlass der Erblasserin zuzurechnen. Der Fall ging durch mehrere Instanzen – vom Finanzgericht Schleswig-Holstein (1. Runde: Klageabweisung), zum Bundesfinanzhof (BFH) – bis hin zur nunmehr entscheidenden zweiten Entscheidung des FG Schleswig-Holstein vom 10.10.2024 (Az. 3 K 41/17).

II. Entscheidungsgründe des Finanzgerichts Schleswig-Holstein (rechtskräftig)

1. Maßgebliches Recht: Guernsey als anzuwendendes Truststatut

Das FG stellte fest, dass auf die Rechtsverhältnisse des Trusts das Recht von Guernsey Anwendung findet – sowohl nach der Gründungstheorie als auch nach der Sitztheorie. Der Trust war wirksam nach den Vorschriften von Guernsey errichtet worden. Insbesondere habe die Erblasserin sich keine Herrschaftsbefugnisse vorbehalten, die dem Trust die Eigenständigkeit genommen hätten.

2. Kein „illusory trust“, kein „sham trust“

Der Trust sei weder ein „illusory trust“ (bei dem der Gründer faktisch Eigentümer bleibt) noch ein „sham trust“ (reine Scheinhandlung zur Verschleierung tatsächlicher Verhältnisse; „intention to mislead“). Die Trustees hatten gemäß den Trustbestimmungen die rechtliche Verfügungshoheit und handelten laut Gericht eigenverantwortlich – auch wenn sie vielfach den Wünschen der Erblasserin oder ihrer Söhne folgten.

„Die Befolgung von Wünschen gefährdet weder die Unabhängigkeit des Trustees noch die rechtliche Existenz des Trusts.“

Die „trustees“ müssen ihre eigenen Entscheidungen im Interesse der „beneficiaries“ treffen und dürfen den Wünschen der Gründer nicht ohne eigene Überlegungen folgen. Es ist dennoch keine Pflichtverletzung des „trustee“, wenn er den Wünschen von „beneficiaries“ oder „settlors“ nach eigenem Ermessen ohne Abweichung folgt. Aus diesem Umstand lässt nicht schließen, dass der „trustee“ seine Unabhängigkeit aufgegeben hat.

3. Kein steuerlich relevanter Rückschluss auf Herrschaftsbefugnisse

Obwohl der Trust während der Lebenszeit der Erblasserin und danach wiederholt Ausschüttungen auf deren Anregung vornahm, fehlten konkrete Anhaltspunkte für eine faktische Weisungsbefugnis.

Die verwendeten Formulierungen („request“, „should be grateful if…“) in den Anfragen zeigten ausdrücklich keinen verbindlichen Charakter. Auch die Trustee-Beschlüsse selbst bezogen sich stets auf ihr eigenes Ermessen und Trustrecht.

III. Kernaussagen

  • Leitsatz: „Ist ein anglo-amerikanischer Trust nach dem für ihn maßgeblichen Recht (hier: Guernsey) wirksam errichtet und hat der Errichter sich keine Herrschaftsbefugnisse vorbehalten, ist das Trustvermögen als selbständige intransparente Vermögensmasse anzusehen und nicht dem Nachlass zuzurechnen.“
  • Die Rechtswirksamkeit eines anglo-amerikanischen Trusts kann in Deutschland erbrechtlich anerkannt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Trust nach ausländischem Recht wirksam errichtet wurde und der Gründer keine schädlichen Herrschaftsbefugnisse zurückbehalten hat.
  • Entscheidend ist nicht allein die tatsächliche Praxis (z. B. wiederholte Auszahlungen auf Wunsch), sondern die rechtliche Stellung der Beteiligten nach ausländischem Recht.
  • Die deutschen Vorschriften über Scheingeschäfte (§ 41 AO) und Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.
  • Keine Anhaltspunkte für den Hauptzweck „Steuerhinterziehung“ oder Gläubigerbenachteiligung.
  • Auch ein eventueller Verstoß gegen den ordre public nach Art. 6 EGBGB wurde verneint. Nach dieser Norm ist die Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.

IV. Fazit

Keine Erbschaftsteuer auf Trustvermögen, wenn der Trust nach ausländischem Recht wirksam und intransparent errichtet ist.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat mit seinem Urteil die Bedeutung des ausländischen Trustrechts und der tatsächlichen Trennung des Vermögens vom Erblasser hervorgehoben. Steuerpflichtige mit ausländischen Trustkonstruktionen erhalten nachvollziehbare Kriterien zur Vermeidung der Erbschaftsteuerpflicht.

Hinweis: Wenn der Trust als intransparent betrachtet wird, weil allein dem Trustee die maßgebliche Entscheidungsgewalt über das Trustvermögen zusteht, entspricht die Errichtung des Trusts und die Ausstattung mit Vermögen in der Sache einer Stiftungserrichtung. Sie ist daher grundsätzlich erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig (§§ 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG). Siehe dazu auch unsere Meldung Ausländische Trusts und ihre rechtliche Stellung in Deutschland.


Autor: RA & StB Andreas Jahn

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