24.04.2023

Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften!

Bisher weisen religiöse oder weltanschauungsbezogene Gemeinschaften in Deutschland traditionell verbreitet die Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.) auf. In den letzten Jahren ist allerdings eine verstärkte Tendenz zum Wechsel in die Rechtsform einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts zu beobachten. Welche Gründe für einen solchen Wechsel bestehen und welche Voraussetzungen ein solcher Rechtsformwechsel in der Praxis mit sich bringt, stellt dieser Beitrag überblickartig dar.

I. Was sind die Vorteile des Körperschaftsstatus (Kirchenstatus)?

Die Gründe für einen Wechsel in die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind vielfältig. Sie bestehen abstrakt umschrieben in einer Erleichterung der Entfaltung der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft und einer Stärkung der Repräsentanz und Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Außerdem bringt der Kirchenstatus ein erhöhtes Maß an Eigenständigkeit und Unabhängigkeit mit sich. Konkret lassen sich die nachstehenden rechtlichen Vorteile festhalten:

  • Dienstherrenfähigkeit
  • Organisationsgewalt
  • Rechtssetzungsgewalt
  • Widmungsbefugnis
  • Mitspracherechte in politischen Gremien
  • Einführung von Religionsunterricht an Schulen
  • keine Insolvenzfähigkeit
  • Parochialrecht
  • Steuerrecht
  • usw.

II. Was sind die Voraussetzungen für die Verleihung des Kirchenstatus?

1. Verfassungsrechtlicher Ausgangspunkt:

Die verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kirchenstatus) findet sich in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV. Die dort enthaltenen Voraussetzungen werden allerdings oftmals durch die jeweiligen Landesverfassungen und die landesspezifischen Körperschaftsstatusgesetze (z.B. KStatG RLP, KStatG NRW) ergänzt. Daneben treten die Voraussetzungen aus den kirchlichen Verfassungsregelungen der jeweiligen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft (z.B. kanonisches Recht). In der Praxis bedarf es oftmals einer detaillierten Rechtsprüfung, die im Folgenden nur in ihrem Ablauf kurz skizziert werden soll.

2. Voraussetzungen im Einzelnen:

Die Verleihung des Körperschaftsstatus ist oftmals an zahlreiche Voraussetzungen auf staatlicher Ebene und auf religionsgemeinschaftlicher Ebene geknüpft. Dieser Umstand liegt u.a. darin begründet, dass es um die Vergabe staatlicher Sonderrechte geht.

a) Voraussetzungen auf staatlicher Ebene

Auf staatlicher Ebene müssen zunächst die Verleihungsvoraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV bzw. der einschlägigen Landesgesetze (z.B. § 1 KStatG NRW) erfüllt sein. Dies setzt in aller Regel voraus, dass die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nach ihrer Verfassung, ihrem Mitgliederbestand und ihrer finanziellen Lage Gewähr für ein dauerhaftes Bestehen bietet. Daneben muss sie sich rechts- und verfassungstreu verhalten; es dürfen also vor allem keine spürbaren Straftaten in der Vergangenheit begangen worden sein. Darüber hinaus muss ein religiöses Bekenntnis der Gemeinschaft vorliegen. Das religiöse Leben hat also eine hinreichende Intensität aufzuweisen.

Weitere Voraussetzungen können sich aus den jeweiligen – nach Bundesland und Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft verschiedenen – spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben. Insoweit schreibt der Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates nur vor, dass das „Ob“ der Statusverleihung nicht vom Inhalt des Glaubens abhängig gemacht werden darf. Dies gilt zumindest solange, solange die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nicht die grundrechtlich geschützten Rechte Dritter verletzt.

b) Voraussetzungen auf kirchlicher Ebene

Neben diesen staatlichen Vorschriften können auch die jeweils anwendbaren gemeinschaftlichen Vorgaben und Rechtsvorschriften (Kodex der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft, religionsgemeinschaftliche Kompetenzverteilungen etc.) Voraussetzungen für die Kirchenstatusverleihung beinhalten. Diese beschäftigen sich zumeist mit innergemeinschaftlichen Kompetenzzuständigkeiten oder bestimmen die zu beachtenden internen Verfahren. Im Einzelnen können die Voraussetzungen hier allerdings erheblich variieren.

3. Verleihung des Kirchenstatus:

Für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kirchenstatus) ist ein Antrag bei der zuständigen Behörde notwendig. Die Zuständigkeit der Verleihungsbehörde variiert dabei von Bundesland zu Bundesland. So ist etwa im Bundesland Rheinland-Pfalz das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit RLP derzeit zuständig.

Bei Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen hat die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Verleihung des Körperschaftsstatus. Bei Bedarf ist auch eine klageweise Geltendmachung grundsätzlich möglich.

Nach der Statusverleihung besteht die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft in der Form einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts auf „weltlicher“ Rechtsebene fort; sie entledigt sich also ihres alten Rechtskleides (z.B. e.V.). Beim Kirchenstatus handelt es sich um einen Körperschaftsstatus sui generis. Die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft wird nicht Teil des Staates, sondern bleibt eine bloße gesellschaftliche Einrichtung mit Sonderrechten. Sie übt mithin keine Staatsmacht aus, wird nicht Teil der staatlichen Organisation und unterliegt auch nicht der staatlichen Aufsicht insoweit. Die Geltendmachung eigener Rechte gegenüber dem Staat ist damit – wie bei anderen privatrechtlichen Vereinigungen – im Rahmen des verfassungsrechtlich geschützten Freiraums möglich.

III. Fazit

Die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kirchenstatus) stellt ein rechtlich komplexes Unterfangen dar, bei dem eine Vielzahl unterschiedlicher Vorschriften zu beachten ist. Weitere Hürden ergeben sich nicht selten daraus, dass in praxi viele Behörden und Gerichte (Finanzämter, Vereinsregister usw.) nur selten mit der Thematik der Kirchenstatusverleihung vertraut sind. Das hat einen erhöhten Abstimmungsbedarf zur Folge.

Ein Antrag auf Verleihung des Kirchenstatus erscheint angesichts der mit diesem Status verbundenen Vorteile allerdings dennoch lohnenswert. Eine sorgfältige Vorbereitung des Antrags unter kompetenter rechtlicher Beratung ist hierzu aber regelmäßig unerlässlich.

Gerne beraten wir Sie zur Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aus staatsrechtlicher, religionsrechtlicher, zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Perspektive. Wir begleiten Sie von den rechtlichen Vorfragen über die Vorbereitung und Durchführung des Antrags-/Verleihungsverfahrens bis hin zu etwaigen Post-Maßnahmen nach Kirchenstatusverleihung.

Bei Fragen können Sie sich gerne an den Autor dieses Beitrages, Herrn Dr. Karl Brock, wenden.

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