Nachrangdarlehen: Vorteile und Risiken

Mit dem Nachrangdarlehen als Anlagemöglichkeit kommen auch zahlreiche Fragen auf, insbesondere über die Vorteile sowie Risiken auf Unternehmer- und Investorenseite.
Nachrangdarlehen führen zu einer Risikoverschiebung im Insolvenzfall zulasten der Nachranggläubiger (adobestock: credits).

Während früher fast ausschließlich Banken, Unternehmen und sehr vermögende Privatpersonen als Investoren in Nachrangdarlehen aufgetreten sind, sprechen Unternehmen in den vergangenen Jahren vermehrt Kleinanleger mit ihren Investitionsangeboten an. Mit dieser Anlagemöglichkeit kommen auch zahlreiche Fragen auf, insbesondere über die Ausgestaltung eines Nachrangdarlehens und die Vorteile sowie Risiken auf Unternehmer- und Investorenseite.

I. Nachrangdarlehen – was ist das?

Nachrangdarlehen sind Darlehen, die durch eine sogenannte Nachrangklausel modifiziert wurden. Im Unterschied zum klassischen Darlehen enthält der jeweilige Vertrag eine Rangrücktrittserklärung. Aus dieser folgt, dass die Forderungen des nachrangigen Gläubigers insbesondere im Fall der Insolvenz des Unternehmens hinter die Forderungen anderer erstrangiger Gläubiger zurücktreten. Solche Darlehen dienen im Wesentlichen der Unternehmensfinanzierung.

II. Vor- und Nachteile von Nachrangdarlehen

Nachrangdarlehen bringen aufgrund ihrer besonderen Gestaltung ganz eigene Vor- und Nacheile für Investoren und Unternehmen mit sich.

1. Höhere Rendite – höheres Risiko für Investoren

Auf den ersten Blick überzeugen Nachrangdarlehen Investoren durch ihre vergleichsweise hohe Rendite aufgrund von überdurchschnittlichen Zinsversprechungen. Durch den festgeschriebenen Zinssatz ergibt sich für Investoren eine planbare Rendite. Im Fall von partiarischen Nachrangdarlehen wird sogar eine Beteiligung am Unternehmenserfolg versprochen.

Das erhebliche Risiko liegt bei Nachrangdarlehen, wie der Name schon sagt, im Nachrang der Forderung gegenüber den anderen Gläubigern des Unternehmens. Im Falle einer Insolvenz des Schuldners werden zunächst alle anderen Gläubiger befriedigt. Erst wenn sie ihr Geld bekommen haben, erhalten die Nachranggläubiger Zugriff auf die Insolvenzmasse. Da für Nachrangdarlehen in der Regel keine Sicherheiten gegeben werden, ist in den meisten Fällen dann kein Vermögen mehr verfügbar. Für die Nachranggläubiger bedeutet das dann einen Totalverlust!

2. Langjährige Kapitalbindung

Während der oft langen Laufzeit solcher Darlehen ist das Kapital der Investoren gebunden. Bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Lage des Investors, kann dieser nicht auf sein Geld zugreifen, sofern das Darlehen nicht z.B. als Wertpapier in Form einer Inhaberschuldverschreibung verbrieft ist und an der Börse gehandelt wird. Ärgerlich kann eine solche Bindung des Kapitals auch sein, wenn sich in der Zwischenzeit andere, ertragreichere oder sicherere Investitionsmöglichkeiten aufgetan haben.

3. Vorteil für Unternehmen

Aus unternehmerischer Sicht werden Nachrangdarlehen als Finanzierungsmöglichkeit insbesondere dann interessant, wenn sich das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Mit ihnen kann eine Überschuldung oder Insolvenz vermieden werden.

Das liegt insbesondere daran, dass Nachrangdarlehen beim Rating und in der Bilanzanalyse auf Grund des Nachrangs als wirtschaftliches Eigenkapital gewertet werden, mithin das Unternehmen über mehr Rücklagen verfügt. Den Unternehmen ist es dann möglich, finanzielle Schieflagen und negative Entwicklungen besser abzufedern. Deswegen steigt auch die Kreditwürdigkeit.

4. Alternative zur klassischen Finanzierung durch eine Bank

Die Bedeutung von Nachrangdarlehen ist vor allem durch die Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankaufsicht („Basel II“ und „Basel III“) gewachsen. Diese Regelungen zielen auf die Verhinderung einer Pleite der Kreditinstitute ab. Infolge dessen hat sich die Kreditvergabepraxis der Banken restriktiv entwickelt. Für die Finanzierung von Unternehmen mit schlechter Bonität und geringer Eigenkapitalquote bedeutet das entweder höhere Zinsen oder überhaupt keine Darlehensbewilligung. So können Lücken in der Unternehmensfinanzierung entstehen.

Gestaltet es sich schwer, Kredite zu attraktiven Konditionen zu bekommen, bieten Nachrangdarlehen eine alternative Möglichkeit, an Geld zu gelangen. Deswegen ist diese Finanzierungsmöglichkeit gerade für noch junge und kleine Unternehmen mit geringer Bonität, die sich am Markt etablieren wollen, also z.B. für Start-ups interessant. Die Unternehmen sind dabei in ihrer Gestaltung flexibel: Laufzeit, Zinsgestaltung und Tilgungsmodalitäten können vertraglich festgelegt werden.

5. Kein verbotenes Einlagengeschäft

Nachrangdarlehen fallen aufgrund ihrer eigenkapitalähnlichen Haftung nicht unter den Begriff des Einlagengeschäfts nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Unternehmen, die solche Gelder einwerben, brauchen keine Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 32 KWG.

III. Fazit

Durch das erhöhte Risiko sind Nachrangdarlehen zwar teurer als andere Darlehen. Sie stellen aber eine Möglichkeit dar, mit Hilfe risikobereiter Anleger junge und kleine Unternehmen mit geringer Bonität, aber auch finanziell kriselnde Unternehmen zu stärken.

Aber auch für Unternehmen mit hoher Bonität können Nachrangdarlehen interessant sein, um ihre Eigenkapitalquote zu verbessern und damit ihre allgemeinen Finanzierungskonditionen zu verbessern.

Im Ergebnis führen Nachrangdarlehen zu einer Risikoverschiebung. Im Insolvenzfall sind es die Nachranggläubiger, die unternehmerische Finanzierungsverantwortung tragen und finanziell zu spüren bekommen.

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Gern stehe ich Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung.

Autor: Alexander Knauss

Dieser Artikel entstand unter Mitwirkung von Inga Thees, Paul Eberhard und Pascal Schumann (alle cand. iur.)

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  • Anwalt des Jahres in NRW (Alexander Knauss) für Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2023)

  • „Deutschlands Beste Anwälte“ im Bank- und Finanzrecht
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  • „Deutschlands Beste Anwälte“ im Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2022)

  • TOP-Kanzlei für Bank- und Finanzrecht 
    (WirtschaftsWoche 2022)

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