„Vergessene“ Einlagen müssen beim Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG nicht berücksichtigt werden – wichtige Entscheidung für Steuerberater und GmbHs.

1. Einleitung – Einlagekonto (§ 27 KStG) und „vergessene Einlagen“
Einlagen erhöhen den Gewinn der Gesellschaft nicht, spiegelbildlich führt auch die Rückgewähr von Einlagen nicht zu steuerbaren Einnahmen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das Einlagekonto ist gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG zum Schluss eines Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen. Die Feststellung erfolgt gegenüber der Gesellschaft. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid zum folgenden Feststellungszeitpunkt. Die Einlage kann nur in dem Jahr zur Erfassung im Einlagekonto erklärt werden, in dem sie der Gesellschaft zugeflossen ist. Ist sie im Jahr des Zuflusses in der Erklärung und damit auch im Feststellungsbescheid gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG nicht erfasst, also vergessen worden, ist eine Erfassung in späteren Jahren nicht möglich. Die steuerfreie Rückzahlung solcher „vergessener Einlagen“ ist dann grundsätzlich ausge-schlossen.
Für diese misslichen Fälle hat der BFH mit am 22.05.2025 veröffentlichtem Urteil vom 25.02.2025 (Az. VIII R 41/23) eine für die Praxis äußerst relevante Entscheidung getroffen.
2. Sachverhalt
Im entschiedenen Fall wurde eine Einlage von 10 Mio. Euro „vergessen“. Alle prozessualen Rettungsversuche scheiterten. Deshalb beschloss die Gesellschafterversammlung eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln in Höhe von 10 Mio. Euro, die aus der vergessenen Kapitalrücklage gespeist wurde. Später wurde das Stammkapital wieder herabgesetzt und der Betrag in die Kapitalrücklage umgebucht. In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung deklarierte die GmbH ein steuerliches Einlagekonto (§ 27 KStG) in Höhe von 10 Mio. Euro. Das FA erkannte dies nicht an, stellte das Einlagekonto auf 0 Euro fest und erfasste einen – zur Steuerpflicht bei Rückzahlung führenden – Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG in Höhe von 10 Mio. Euro.
Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) München blieb erfolglos. Mit der Revision zum BFH begehrte die Klägerin die Aufhebung der Feststellung des Sonderausweises, da dieser auf einer Einlage beruhe, die zwar nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst, aber tatsächlich geleistet worden sei.
3. Entscheidungsgründe des BFH
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG erfolgt eine Kapitalerhöhung vorrangig aus dem Einlagekonto. Ist dieses aufgebraucht oder nicht existent (wie im Streitfall), erfolgt sie aus sonstigen Rücklagen. Diese umfassen laut BFH alle Rücklagen außerhalb des steuerlichen Einlagekontos – einschließlich Kapitalrücklagen. Es erfolgt keine Differenzierung zwischen Gewinn- und Kapitalrücklagen.
Zentrale Streitfrage: Muss eine Einlage im Einlagekonto erfasst sein, um vom Sonderausweis (§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG) ausgenommen zu sein?
Der BFH beantwortet diese Frage klar mit Nein und widerspricht der bislang überwiegenden Literaturmeinung und der Vorinstanz. Einlagen der Anteilseigner sind vom Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auszunehmen – auch wenn sie nicht im steuerlichen Einlagekonto stehen.
„§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG stellt auf Einlagen der Anteilseigner ab – nicht auf das steuerliche Einlagekonto oder einen festgestellten Einlagenbestand.“
Folgen für den konkreten Fall
Die 10 Mio. Euro stammen unstreitig aus einer tatsächlichen Einlage der Anteilseigner und sind daher vom Sonderausweis auszunehmen – auch wenn sie nicht im Einlagekonto standen.
4. Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung betrifft insbesondere GmbHs und andere Kapitalgesellschaften, die Kapitalmaßnahmen durchführen und dabei frühere Einlagen nicht im steuerlichen Einlagekonto dokumentiert haben.
- Nicht nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG festgestellte Einlagen können über den Umweg einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit anschließender Kapitalherabsetzung dennoch steuerneutral zurückgezahlt werden.
- Bei rückwirkender Prüfung oder Nachholung „vergessener“ Einlagen bietet dieses BFH-Urteil Gestaltungsspielraum und Rechtssicherheit.
- Wichtig ist, dass Einlagen nachgewiesen werden können (z. B. über Gesellschafterbeschlüsse, Buchungsunterlagen, Banknachweise).
- Nicht zuletzt vermindert das Urteil Haftungsrisiken für Berater, denen die „vergessene Einlage“ zunächst nicht aufgefallen war.
Autor: RA & StB Andreas Jahn
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)
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