13.05.2025 -
Der BFH hat entschieden, dass auch bei Verwaltung von Stiftungsvermögen umsatzsteuerpflichtige Leistungen vorliegen können.
Verwalter unselbstständiger Stiftungen aufgepasst! BFH hat geurteit: Verwaltung von Stiftungsvermögen kann eine umsatzsteuerpflichtige Leistungen darstellen (credits: adobestock).

Umsatzsteuerpflicht bei Verwaltung unselbständiger Stiftungen

Verwalter unselbständiger Stiftungen aufgepasst! Der BFH hat mit am 08.05.2025 veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch bei Verwaltung von Stiftungsvermögen umsatzsteuerpflichtige Leistungen vorliegen können. Entscheidend ist nicht die zivilrechtliche Eigentumslage, sondern ob der Stifter einen verbrauchsfähigen Vorteil erhält.

Mit Urteil vom 05.12.2024 (V R 13/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein für Stiftungsverwalter praxisrelevantes Urteil zur Umsatzbesteuerung der Verwaltung unselbständiger Stiftungen gefällt. Der BFH stellt klar: Auch wenn das Stiftungsvermögen zivilrechtlich dem Treuhänder gehört, kann ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zwischen Treuhänder und Stifter bestehen – sofern der Stifter einen verbrauchsfähigen Vorteil erhält.

1. Sachverhalt

Kläger war ein gemeinnütziger eingetragener Verein, der in den Streitjahren (20142018) als Treuhänder zahlreiche sogenannte „unselbständige Stiftungen“ verwaltete. Die Verträge mit den Stiftern waren als „Treuhandverträge“ bzw. „Schenkungen mit Auflage“ ausgestaltet. Ergänzt wurden sie durch jeweils beigefügte Stiftungssatzungen.

Der Kläger erhielt für die Verwaltung der Stiftungsvermögen gestaffelte „Stiftungsbeiträge“ auf Grundlage seiner Beitragsordnung. Diese Beiträge deckten insbesondere Leistungen in den Bereichen:

  • Buchhaltung, Jahresabschluss und Budgetauswertung, Antragsmanagement, Zahlungsverkehr, Vermögensverwaltung, Beratungsleistungen, Reisekosten

Das Finanzamt (FA) qualifizierte diese Tätigkeiten erstmalig im Rahmen einer Außenprüfung als steuerpflichtige sonstige Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Das Finanzgericht Münster gab der Klage statt. Es argumentierte:

  • Die „unselbständigen Stiftungen“ seien nicht rechtsfähig.
  • Ein Leistungsaustausch liege nicht vor, da der Kläger zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens sei.
  • Die Leistungen seien Innenleistungen, nicht umsatzsteuerbar.

2. Entscheidungsgründe des BFH

Leitsatz: „Für eine steuerbare Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter wie etwa gemeinnützige Interessen verfolgt.“

a. Steuerbarkeit von Verwaltungsleistungen bei Sondervermögen

Der BFH stellt klar, dass eine entgeltliche Leistung auch dann vorliegen kann, wenn sich diese auf ein zivilrechtlich dem Leistenden gehörendes Sondervermögen bezieht – vorausgesetzt, es wird wirtschaftlich betrachtet fremdes Vermögen verwaltet und der Verwalter erhält dafür ein Entgelt.

b. Rechtsverhältnis zwischen Treuhänder und Stifter

Entscheidend ist das Rechtsverhältnis zum Stifter, nicht zur Stiftung selbst. Der BFH hebt hervor:

„Die Vereinbarung über die Verwaltung gegen Entgelt stellt eine eigenständige schuldrechtliche Abrede dar, die neben der Schenkung unter Auflage besteht.“

Daher liegt ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) zwischen Treuhänder und Stifter vor. Das gilt auch bei einem Widerrufsrecht und der Möglichkeit der Bestellung eines neuen Treuhänders durch den Stiftungsvorstand.

c. Verbrauchsfähiger Vorteil des Stifters

Trotz fehlenden zivilrechtlichen Eigentums am Vermögen verbleibt ein wirtschaftlicher Vorteil beim Stifter, weil:

  • Die Verwaltung auf die von ihm bestimmten Zwecke ausgerichtet ist.
  • Der Stifter Einfluss auf die Ausgestaltung und Kontrolle hat.
  • Er den Treuhänder auswählen und ggf. ersetzen kann.

d. Kein Innenverhältnis und keine reine Spendenabwicklung

Das FG hatte rechtsfehlerhaft auf ein reines Innenverhältnis abgestellt. Auch der Vergleich mit Spenden greift nicht, da:

„Der Spender überlässt das Geld der Organisation zur freien Verwendung  der Stifter hingegen beauftragt gezielt Verwaltungsleistungen.“

3. Einordnung und Auswirkungen auf die Praxis

a. Für Steuerberater:

  • Verwaltungsleistungen an unselbständige Stiftungen sind nicht automatisch steuerfrei.
  • Es ist entscheidend zu prüfen, ob ein Leistungsbezug mit verbrauchsfähigem Vorteil vorliegt.
  • Treuhandverträge mit Entgeltregelungen und Kündigungsmöglichkeiten weisen auf steuerbare Leistungen hin.
  • Für die Umsatzbesteuerung reicht die wirtschaftliche Betrachtung – die zivilrechtliche Eigentumslage ist nicht ausschlaggebend.

b. Für gemeinnützige Organisationen:

  • Die Verwaltung gemeinnützigen Vermögens kann zur Umsatzsteuerpflicht führen.
  • Es ist ratsam, die Gestaltung der Treuhandverträge umfassend zu prüfen.
  • Möglicherweise sind Leistungen künftig mit 7 % Umsatzsteuer zu belegen, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sind.

c. Für Unternehmer und Stifter:

  • Die Auswahl eines Treuhänders für Stiftungsvermögen kann steuerliche Folgen haben.
  • Ein steuerbarer Leistungsaustausch kann auch dann bestehen, wenn das Vermögen nicht mehr beim Stifter liegt.
  • Entscheidend ist der Einfluss des Stifters auf die Vermögensverwaltung und die vertragliche Ausgestaltung.

4. Fazit

Auch unselbständige Stiftungen können mittelbar umsatzsteuerpflichtige Leistungsempfänger sein, wenn ein Stifter Verwaltungsleistungen beauftragt und entlohnt. Dabei ist nicht entscheidend, ob das verwaltete Vermögen dem Leistenden (Treuhänder) oder einem Dritten zivilrechtlich gehört.

Für die Praxis heißt das: Verträge mit Stiftern müssen sorgfältig geprüft und ggf. angepasst werden. Eine pauschale Berufung auf Gemeinnützigkeit oder Treuhandschaft schützt nicht vor Umsatzsteuerpflicht.

5. Checkliste für die Praxis

  • Besteht ein gesondertes Entgelt für Verwaltungsleistungen?
  • Gibt es ein Kündigungsrecht im Treuhandvertrag?
  • Wird ein Sondervermögen vom übrigen Vereinsvermögen getrennt verwaltet?
  • Hat der Stifter Einfluss auf Verwaltung oder Zweckbindung?
  • Liegt ein eigenständiges Schuldverhältnis (z. B. Geschäftsbesorgungsvertrag) vor?
  • Erfolgt die Vermögensübertragung als Schenkung mit Auflage oder Treuhandverhältnis?
  • Wurde das Entgelt aus dem Sondervermögen entnommen?
  • Ist eine steuerliche Prüfung der Sach- und Personalkostenerstattungen erfolgt?
  • Wurde der ermäßigte Steuersatz nach § 12 UStG geprüft?
  • Liegt ggf. eine Entnahmebesteuerung bei unentgeltlicher Nutzung vor?

Haben sie Fragen zu unselbständigen Stiftungen, Treuhandstiftungen und deren steuerrechtlicher Behandlung – wir helfen Ihnen gerne.

Autor: StB & RA Andreas Jahn

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  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“
    (JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)

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