23.04.2006 -

I. Der Fall

Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer war nach Auslaufen seines Arbeitsvertrages zum 25.01.2004 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Der Arbeitgeber hatte ihn nicht darauf hingewiesen, dass der Arbeitnehmer verpflichtet sei, sich im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit zu melden. Der Arbeitnehmer meldete sich erstmals am 12.01.2004 als „arbeitssuchend“ und war bis zum 25.04.2004 arbeitslos. Die Agentur für Arbeit kürzte wegen verspäteter Meldung das Arbeitslosengeld um 840,00 EUR. Diesen Betrag verlangte der Arbeitnehmer nun als Schadensersatz von seinem ehemaligen Arbeitgeber.

II. Die Entscheidung

1. Das Bundesarbeitsgericht hat nun die streitige Frage zugunsten der Arbeitgeber verneint, ob der Arbeitnehmer bei unterlassenen Hinweis hinsichtlich der Pflicht zur Meldung an die Agentur für Arbeit Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend machen kann, wenn ihn deshalb Sanktionen der Agentur für Arbeit treffen.

2. Arbeitnehmer, die aus einem Arbeitsverhältnis ausscheiden, sind gemäß § 37b S. 1 SGB III verpflichtet, sich unverzüglich ab Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der Agentur für Arbeit „arbeitssuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen, § 37b S. 2 SGB III. Den Arbeitgeber obliegt es gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III den Arbeitnehmer über dessen Meldepflichten zu informieren. Die Verletzung dieser Hinweispflicht ist zwar eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers, diese führt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht zu einem zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers.

3. Bei der Hinweispflicht des Arbeitgebers aus § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III handelt es sich zum einen nur um eine „Soll“-Vorschrift, nicht um eine „Muss“-Vorschrift. Bereits daraus folgt, dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift keine Schadensersatzverpflichtung auslösen kann. Zum anderen betrifft die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers einen rein sozialrechtlichen Regelungszusammenhang. Der Schutzzweck dieser Vorschrift ist nicht der Schutz des Vermögens des Arbeitnehmers, sondern die Funktionsfähigkeit des Sozialstaats und seiner Einrichtungen. Deshalb ist die Vorschrift des § 2 SGB III auch kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

4. Problematisch ist, dass das Bundessozialgericht erst jüngst entschieden hat, dass unverschuldete Unkenntnis des Arbeitnehmers hinsichtlich der Meldepflicht einer Kürzung des Arbeitslosengeldes entgegensteht (BSG, Urteil vom 18.08.2005, – B 7a/7 AL 80/04). Mit dem Hinweis des Arbeitgebers gemäß § 2 SGB III, der Arbeitnehmer habe sich unverzüglich „arbeitssuchend“ zu melden, schaffen Arbeitgeber erst die Voraussetzung für die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Praxishinweis:

Die meisten Arbeitgeber haben in ihren Kündigungsschreiben und Aufhebungsverträgen einen Hinweis aufgenommen, dass der Arbeitnehmer die Pflicht zur unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit habe. Dieses Pflichtbewusstsein schadet wegen der Rechtsprechung des BSG jedoch den Arbeitnehmern. Damit sich die Arbeitnehmer auch in Zukunft auf unverschuldete „Rechtsunkenntnis“ berufen können, können Arbeitgeber diesen Hinweis in Zukunft bedenkenlos unterlassen. Mit der Entscheidung des BAG ist zudem klar, dass für Arbeitgeber der unterlassene Hinweis zivilrechtlich sanktionslos bleibt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. Sören Langner, LL.M., Bonn
MEYER-KÖRING v.DANWITZ PRIVAT

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