10.11.2004 -

 

In seinem Urteil vom 28.07.2004, 10 AZR 661/03, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Arbeitnehmer mit einer Ausgleichsquittung, in der die vorzeitige Aufhebung seines Anstellungsverhältnisses sowie die Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in eindeutiger Weise vereinbart ist, auch wirksam auf ein vertraglichen zugesagtes 13. Monatsgehalt verzichtet.

 

Fall:

 

Nach dem Arbeitsvertrag stand dem Arbeitnehmer ein 13. Monatsgehalt zu. Er kündigte mit Schreiben vom 23. Oktober 2001 das Arbeitsverhältnis zum 15. November 2001, da er für die Zeit ab 1. November 2001 eine neue Beschäftigung hatte. Am 31. Oktober 2001 wurde eine von der Arbeitgeberin vorgefertigte Ausgleichsquittung mit folgendem Wortlaut unterzeichnet:

 

          „Ausgleichsquittung und Empfangsbestätigung für Arbeitspapiere

 

          1. Empfangsbestätigung für Arbeitspapiere

         

          Angaben zur Person:

          Beschäftigung als Kfz-Meister

          Eintrittsdatum 1. April 2000

          Austrittsdatum 31. Oktober 2001

          Mein Arbeitsverhältnis mit der Firma A GmbH ist mit dem 31.10.2001 beendet.

          (Austrittsdatum)

          Ich bestätige den Erhalt folgender Arbeitspapiere:

          Lohnsteuerkarte für 2001 abschlossen zum 31.10.2001

          Entgeltbescheinigung für die Rentenversicherung Eintrag vom/bis 01.01.2001/31.10.2001

          Versicherungsnachweisheft der Sozialversicherung

          Urlaubsbescheinigung

          Zeugnis bzw. Arbeitsbescheinigung

          Lohn-/Gehaltsabrechnung

          Berechnung der Urlaubsabgeltung

          Es standen 25 Urlaubstage zu, genommen wurden 28,5 Urlaubstage. Die zu viel genommenen Urlaubstage bzw. das zu viel gezahlte Urlaubsgeld wird in Abzug gebracht.

 

          Johannisberg, 31.10.01

          Ort, Datum, Unterschrift des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers

 

          2. Ausgleichsquittung

         

          Ich erkläre, dass ich Lohn-/Gehaltsanspruch für die Zeit vom … bis … habe,

          gegen die Kündigung vom … keine Einwendungen erhebe,

          die von mir bereits erhobene Klage auf Unwirksamkeit der Kündigung zurücknehme,

          keine Forderungen – ganz gleich aus welchem Rechtsgrunde – auch eventuelle Lohnfortzahlungsansprüche oder Rechte aus einem vertraglichen Wettbewerbsverbot habe und alle meine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten sind.

 

          Johannisberg, 31.10.2001

 

          Ort, Datum, Unterschrift des Arbeitnehmers“

 

Die Ziff. 1 ist wie vorgesehen von der Arbeitgeberin und vom Arbeitnehmer unterschrieben, Ziff. 2 nochmals vom Arbeitnehmer.

 

Der Arbeitnehmer hat die Auffassung vertreten, sein Anspruch auf ein anteiliges 13. Monatsgehalt für 2001 bestehe trotz der Ausgleichsquittung, weil speziell über diesen Anspruch nicht gesprochen worden sei und insoweit nicht von einem Verzichtswillen ausgegangen werden könne.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen. Nach seiner Meinung sei unter Ziff. 1 ein Aufhebungsvertrag zum 31. Oktober 2001 geschlossen worden. Die Ausgleichsquittung und Abgeltungserklärung des Klägers unter Ziff. 2 sei dann im Zusammenhang mit diesem Aufhebungsvertrag abgegeben worden. Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer damit auch auf sein 13. Monatsgehalt verzichtet haben, sei zu berücksichtigen, dass die Parteien im Rahmen eines Aufhebungsvertrages in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen wollen. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts war der arbeitsvertragliche Anspruch des Klägers auf ein (anteiliges) 13. Monatsgehalt in dem von ihm zu entscheidenden Fall vom Wortlaut der Ausgleichsquittung, wonach der Arbeitnehmer „keine Forderungen – ganz gleich aus welchem Rechtsgrunde – … habe, und … alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten“ seien, ohne jeden Zweifel erfasst. Das Bundesarbeitsgericht verweist ergänzend darauf, dass der Arbeitnehmer bei der Unterzeichnung der Erklärung, die dieser durchgelesen hatte, nicht unter Zeitdruck stand. Die Arbeitgeberin habe ihm auch nicht suggeriert, er quittiere nur den Erhalt der Arbeitspapiere und der Abrechnung der letzten Monatsvergütung. Letztlich – so das Bundesarbeitsgericht weiter – lasse auch die konkrete Ausgestaltung der Ausgleichsquittung darauf schließen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die ihrem Wortlaut nach umfassende Ausgleichsquittung erteilen und eine Abgeltung aller seiner Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bestätigen wolle. Schließlich sei in der Überschrift die Bezeichnung als „Ausgleichsquittung“ fettgedruckt und durch die Schriftgröße gegenüber der weiteren Bezeichnung als „Empfangsbestätigung für Arbeitspapiere“ hervorgehoben. Die Abgeltungserklärung befinde sich sodann in einem separaten Teil des Schriftstücks, der vom Kläger und nur von ihm zu unterschreiben war und nochmals durch die fettgedruckte Überschrift „2. Ausgleichsquittung“ von den vorherigen Angaben und Erklärungen unter „1. Empfangsbestätigung für Arbeitspapiere“ abgehoben gewesen sei. Zuletzt war nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die einvernehmliche vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst veranlasst hatte.

 

Bewertung:

 

Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an eine Ausgleichsquittung, mit der der Arbeitnehmer wirksam auf sämtliche Rechte aus einem beendeten Arbeitsverhältnis verzichtet. Nach der Lebenserfahrung – so das Bundesarbeitsgericht ist ständiger Rechtsprechung – sei im Allgemeinen nicht zu erwarten und zu vermuten, dass ein solch umfassender Verzicht gewollt sei. In dem vom Bundesarbeitsgericht jüngst entschiedenen Fall waren jedoch der Wortlaut der Ausgleichsquittung sowie die Begleitumstände so, dass ein eindeutiger Erklärungswille des Arbeitnehmers im Sinne eines umfassenden Verzichts (ausnahmsweise) anzunehmen war.

 

Verfasserin: Ebba Herfs-Röttgen, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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