30.10.2003

Bei der Anschaffung eines neuen PKW wird dem Kunden häufig kein Fahrzeug „frisch vom Band“ verkauft, sondern – sofern vorhanden – ein bereits beim Händler befindliches Fahrzeug, welches ggf. schon viele Monate „auf Halde“ gestanden haben kann. Hieran entzündet sich dann häufig Streit darüber, ob das Fahrzeug noch als „fabrikneu“ bezeichnet werden durfte.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat nunmehr für die Bezeichnung „fabrikneu“ eine maximale Standzeit des Fahrzeugs von 12 Monaten seit Herstellung festgelegt.

Der Fall:

Der Kläger bestellte bei der Beklagten, einem Autohaus, am 30. Juni 2000 einen Pkw zu einem Kaufpreis von 53.595 DM. Das von der Beklagten verwendete Kaufvertragsformular enthielt die Angabe „verbindliche Bestellung neuer Kraftfahrzeuge“. Am 9. August 2000 wurde dem Kläger ein Fahrzeug des von ihm bestellten Modells übergeben, das am 30. November 1998 hergestellt worden war. Dieses Modell war seit November 1998 bis zum Kauf unverändert weitergebaut worden. Der Kläger verlangt mit der Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages, weil das Fahrzeug wegen seines Alters entgegen der Zusicherung im Kaufvertrag nicht mehr „fabrikneu“ sei.

Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben und die Auffassung vertreten, ein unbenutztes Fahrzeug, dessen Herstellung bei Kaufvertragsschluss 19 Monate zurückliege, sei auch dann im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr „fabrikneu“, wenn das Modell des Fahrzeuges unverändert weitergebaut werde und es keine durch die Standzeit bedingten Mängel aufweise. Die Frage, ab welchem Zeitraum zwischen Herstellung und Kaufvertragsschluss oder Auslieferung ein Fahrzeug in diesem Sinne nicht mehr „fabrikneu“ ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bislang uneinheitlich beantwortet. Der Bundesgerichtshof hat deshalb auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen.

Die Entscheidung des BGH:

Durch Urteil vom 15.10.2003 hat der BGH die Revision zurückgewiesen. Er präzisiert seine Rechtsprechung zur Fabrikneuheit eines Kraftfahrzeugs nunmehr dahin, dass ein unbenutztes Kraftfahrzeug regelmäßig noch „fabrikneu“ ist, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluß des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen.

Zutreffend weist der BGH darauf hin, dass nach der Verkehrsanschauung die Lagerdauer ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Wertschätzung eines Kraftfahrzeugs ist. Eine lange Standdauer ist für einen Neuwagenkäufer ein wertmindernder Faktor. Das Kraftfahrzeug unterliegt einem Alterungsprozess, der mit dem Verlassen des Herstellungsbetriebes einsetzt. Grundsätzlich verschlechtert sich der Zustand des Fahrzeugs durch Zeitablauf aufgrund von Materialermüdung, Oxydation und anderen physikalischen Veränderungen. Selbst eine Aufbewahrung unter optimalen Bedingungen vermag dies nur zu verlangsamen, aber nicht zu verhindern. Hinzu kommt, dass spätestens beim Weiterverkauf des Fahrzeuges das Alter einen maßgeblichen Einfluss auf den zu erzielenden Kaufpreis hat. Im Regelfall ist deshalb davon auszugehen, dass eine Lagerzeit von mehr als 12 Monaten die Fabrikneuheit eines Neuwagens beseitigt.

Quelle: Pressemeldung des BGH
bearbeitet durch: RA Alexander Knauss

 

 

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