16.07.2025 -
Das LAG Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob ein Schadensersatz nach der DSGVO bei einer abgelehnten Bewerbung auch schon dann besteht, wenn er auf bloßen Befürchtungen gestützt wird.
Schadensersatz nach DSGVO nach unterbliebener Auskunft nach abgelehnter Bewerbung? – LAG Düsseldorf stützt die Rechte Rechte der Arbeitgeber bei missbräuchlichen Auskunftsverlangen! (credits: adobestock)

In der Praxis häufen sich aktuell die Fälle zu verspäteten Auskunftsansprüchen nach der DSGVO, so dass wir eine aktuelle Entscheidung dazu vorstellen möchten. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte sich mit der Frage zu befassen, ob schon die bloße Äußerung von Befürchtungen über einen Datenmissbrauch zu einem immateriellen Schadensersatzanspruch führen können (LAG Düsseldorf v. 7.8.2024, 4 SLa 235/24). Die Entscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und stützt die Rechte der Arbeitgeber bei missbräuchlichen Auskunftsverlangen.

Der Fall:

Der klagende Arbeitnehmer bewarb sich am 29. Juli 2023 auf eine Stellenanzeige des beklagten Arbeitgebers als Sachbearbeiter im Forderungsmanagement. Am 8. August 2023 erhielt er eine Absage. Noch am selben Tag übersandte er eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

Da mich natürlich interessiert, was die ausschlaggebenden Gründe für diese Absage waren, bitte ich Sie höflichst, mir die Ablehnungsgründe mitzuteilen und mir eine umfassende Auskunft sowie eine vollständige Datenkopie auf Grundlage von Artikel 15 DSGVO zu erteilen.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir Ihre unverzügliche Antwort bis zum 23.08.2023 zukommen lassen würden.“

Der Arbeitgeber übersandte ihm daraufhin mit E-Mail vom 15. August 2023 einen Ausdruck von gespeicherten Daten aus dem System. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Daten innerhalb der nächsten drei Monate gelöscht würden. Weitere Auskünfte wurden nicht erteilt.

Mit seiner am 26. September 2023 erhobenen Klage beim Arbeitsgericht hat er u.a. eine Geldentschädigung geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch aus Art. 82 DSGVO zu. Aufgrund der verspäteten und unvollständigen Auskünfte des Arbeitgebers sei er in seinen Betroffenheitsrechten aus der DSGVO eingeschränkt worden. Er habe einen Kontrollverlust über seine Daten erlitten und emotionales Ungemach erfahren. Es nerve ihn in erheblichem Maß, dass er Mühe und Zeit investieren müsse, um seine Rechte gerichtlich durchzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat den geltend gemachten Zahlungsanspruch auf eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 2.000,00 € abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.

I. Immaterieller Schadensersatzanspruch

Ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist erfüllt, wenn drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Dem Anspruchsteller muss ein Schaden entstanden sein, es muss ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung vorliegen und zwischen dem Schaden und dem Verstoß muss ein Kausalzusammenhang bestehen.

Hinweis für die Praxis:

Den Anspruchsteller trifft die volle Darlegungs- und Beweislast. Er muss nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen der DSGVO nachweisen, sondern auch, dass ihm durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist.

II. Negative Gefühle können ausreichend sein

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes können auch negative Gefühle wie „Befürchtungen“ einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens begründen. Es reicht aber noch nicht aus, sich auf eine bestimmte Gefühlslage zu berufen. Vielmehr hat das Gericht zu prüfen, ob das Gefühl unter Berücksichtigung der konkreten Umstände als begründet angesehen werden kann. Dies setzt zwingend die Anwendung eines objektiven Maßstabs voraus. Der EuGH hat zwar klargestellt, dass es keine „Bagatell-Grenze“ für einen erlittenen Nachteil gibt. Ist also ein erlittener Nachteil kaum spürbar oder besteht nur ein sehr geringes negatives Gefühl, handelt es sich dennoch um einen Schaden, die Geringfügigkeit hat dann aber natürlich auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs Auswirkungen.

III. Verletzung des Auskunftsanspruchs allein nicht ausreichend

Das Landesarbeitsgericht hat klargestellt, dass ein Schaden nicht damit begründet werden kann, allein die Verletzung des Auskunftsanspruchs habe zu einem Kontrollverlust geführt. Die Verletzung des Auskunftsanspruchs allein ist nicht geeignet, einen Schaden zu begründen. Andernfalls würde die eigenständige Voraussetzung des Schadens bedeutungslos. Insoweit steht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in erfreulichem Einklang mit der neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 20.2.2025, 8 AZR 61/24).Es reicht auch nicht aus, dass der Kläger behauptet, es nerve ihn in erheblicher Weise, dass er wegen des Verstoßes der Beklagten Mühe und Zeit investieren müsse, um seine Rechte gerichtlich durchzusetzen. Das reicht für einen immateriellen Schaden nicht aus. Zum einen handelt es sich bei dem Aufwand, der durch eine Rechtsverfolgung entsteht, um einen materiellen Schaden und gerade nicht um einen immateriellen. Es war hier auch nicht zu erkennen, dass die Prozessführung besonders „nervend“ gewesen wäre. Zum anderen kann das Verfolgen eines unbegründenden Anspruchs auf Schadensersatz nach der DSGVO nicht dazu führen, dass erst durch dieses Verfahren dann ein entsprechender Anspruch entsteht. Zudem kommt dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO keine Straffunktion zu.

Fazit:

Das Landesarbeitsgericht weist den Anspruchsteller hier zutreffend in seine Schranken. Der behauptete Ärger und Frust als Pauschalbehauptung reicht nicht für einen immateriellen Schaden aus. Bloße Befürchtungen sind für einen Schadensersatzanspruch nicht ausreichend. Das Verfahren ist in der Revision beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 8 AZR 124/23 anhängig. Wir werden über die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zu dieser wichtigen Thematik berichten.


Autor: Prof. Dr. Nicolai Besgen

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