13.10.2021 -


Nachweis für den Zugang einer Kündigung (credit:adobestock/Paolese)

Bei der Zustellung von Kündigungen kommt es immer wieder zu Problemen. Wir haben schon in zahlreichen Beiträgen an dieser Stelle über die Problematik berichtet. So bestreitet z.B. der Empfänger eines Kündigungsschreibens bei normaler Postzustellung, überhaupt ein Schreiben erhalten zu haben. Er kann auch einwenden, in dem Briefumschlag sei ein leeres Blatt Papier gewesen oder aber der Briefumschlag habe keinen Inhalt gehabt. Die „Ausreden“ sind vielfältig. In allen Fällen muss sich dann das Arbeitsgericht mit der Frage befassen, ob eine Kündigung zugegangen ist bzw. ob der Arbeitgeber den dazu notwendigen Beweis erbracht hat. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat nun in einer aktuellen Entscheidung eine weitere Fall-Konstellation entschieden (LAG Baden-Württemberg v. 17.9.2020 – 3 Sa 38/19). Es geht dabei um die Frage, ob der Nachweis für den Zugang einer Kündigung durch Einwurf-Einschreiben geführt werden kann und welche Dokumente dazu vorgelegt werden müssen. Im konkreten Fall hat das LAG den Nachweis als nicht erbracht angesehen. Die Entscheidung ist daher von großer praktischer Bedeutung.

Der Fall:

Der beklagte Arbeitgeber hat dem klagenden Mitarbeiter eine auf den 19. Juni 2017 datierte Kündigung per Einwurf-Einschreiben zugestellt. Die Kündigung sollte zum 31. Juli 2017 fristgerecht wirken. Der Arbeitgeber hat vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei dem Kläger durch Einwurf-Einschreiben am 29. Juni zugegangen.

Zum Nachweis hat der Arbeitgeber einen Einlieferungsbeleg vom 28. Juni 2017 vorgelegt sowie einen Auslieferungsbeleg, nach welchem die Sendung am 29. Juni 2017 zugestellt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat diese Form des Nachweises als nicht ausreichend angesehen und festgestellt, dass keine Kündigung nachweisbar zugegangen ist. Beweis wurde nicht erhoben. Damit wurde der Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Juli 2017 hinaus fortbesteht, stattgegeben.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das LAG diese Entscheidung bestätigt.

I. Zustellung durch Einwurf-Einschreiben

Bei einem Einwurf-Einschreiben geschieht die Zustellung durch die Post dergestalt, dass der Briefträger, wenn er den Empfänger nicht persönlich antrifft, das Schreiben im Briefkasten hinterlässt. Dadurch grenzt sich dieses Einwurf-Einschreiben vom Übergabe-Einschreiben ab. Beim Übergabe-Einschreiben erfolgt entweder eine persönliche Übergabe oder aber der Briefträger nimmt das Schreiben wieder mit und hinterlässt lediglich einen Abholbeleg. Im letzteren Fall ist also das Schreiben nicht zugegangen. Bei der Variante des Einwurf-Einschreibens geht hingegen das Schreiben zu, da Kündigungen, wenn sie in den Briefkasten eingeworfen werden, in den Machtbereich des Empfängers gelangen, was für den Zugang ausreichend ist.

II. Anforderungen an den Nachweis

Bestreitet hingegen der Empfänger, ein Einwurf-Einschreiben erhalten zu haben, stellt sich die Frage, wie der Arbeitgeber den Nachweis führen kann. Bei einem Einwurf-Einschreiben wird zunächst ein Einlieferungsbeleg ausgedruckt. Dieser enthält eine Sendungsnummer. Mit der Sendungsnummer kann sich der Arbeitgeber auf der Homepage der Post einen Auslieferungsbeleg ausdrucken lassen. Das Gericht hat diesen Ausdruck im vorliegenden Fall jedoch als nicht ausreichend angesehen. In der Entscheidung wird dieser Ausdruck als „Sendungsstatus“ bezeichnet. Dem Ausdruck dieses „Sendungsstatus“ sei nur zu entnehmen, dass eine Sendung mit einer bestimmten Sendungsnummer an einem bestimmten Tag zugestellt worden ist. Aus dem Sendungsstatus geht aber weder der Name des Zustellers hervor, noch beinhaltet er eine technische Reproduktion einer Unterschrift des Zustellers mit der dieser beurkundet, die Sendung eingeworfen zu haben. Daher reicht nach Auffassung des LAG der Sendungsstatus nicht aus, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs zu begründen.

III. Auslieferungsbeleg anfordern!

Das LAG weist darauf hin, dass bei dem Verfahren des Einwurf-Einschreibens der hiermit betraute Mitarbeiter der Deutschen Post den Einwurf der eingeschriebenen Sendung in den Empfängerbriefkasten mit einer genauen Datums- und Uhrzeitangabe dokumentiert. Dieser von ihm gefertigte Auslieferungsbeleg wird dann in einem Lesezentrum zentral für Deutschland eingescannt, so dass die genauen Auslieferungsdaten zur Verfügung stehen. Das Original des Auslieferungsbeleges wird zwar von der Post beim Scan-Vorgang zerstört, jedoch kann der Absender anschließend bei einem Call-Center der Deutschen Post gegen Zahlung einer Gebühr einen Ausdruck des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs erhalten, auf dem Datum und Ort des Einwurfs so wie das Namenszeichen des Mitarbeiters der Deutschen Post AG festgehalten sind.

Das LAG hat nun die Kündigung im vorliegenden Fall als nicht nachweisbar zugegangen angesehen und ist auch keinem weiteren Beweisantritt nachgegangen.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung des LAG ist überraschend und steht mit der bisherigen Rechtsprechung zu der Thematik nicht im Einklang. Die Sendungsnummer belegt die Zustellung des Schreibens. Der Arbeitgeber kann also bekunden, dass er ein bestimmtes Schreiben im Original zu dieser Sendungsnummer abgegeben hat. Liegt dann ein korrespondierender Sendungsstatus vor, reicht dies unseres Erachtens jedenfalls aus, um entsprechende weitere Beweisantritte zuzulassen. Dies wäre z.B. der konkrete Briefträger bzw. Zusteller. Dieser könnte dann im Rahmen einer Beweisaufnahme bekunden, dass er ein bestimmtes Schreiben an diesem Tag zugestellt hat. All dies hat das LAG jedoch nicht weiter zugelassen. Offenbar wurden hier auch entsprechende Beweisanträge im Prozess nicht gestellt.

Fazit:

Trotz der ungewöhnlichen Entscheidung wird unsere ständige Empfehlung bestätigt, Kündigungen allein durch Boten zuzustellen. Alle (!) anderen Zustellarten sind risikobehaftet. Auch der Weg des Einwurf-Einschreibens ist unsicher. Die vorliegende Entscheidung bestätigt dies. Zudem kann nicht sicher vorhergesagt werden, wann die Post ein Einwurf-Einschreiben Tag genau zustellt. Wir können der Praxis daher nur erneut dringend empfehlen, allein den Weg des Boten zu gehen. Dem Boten muss dann das Kündigungsschreiben im Original zur Einsicht vorgelegt werden. Der Bote übergibt entweder dem Empfänger persönlich das Schreiben oder aber wirft es in den personalisierten Hausbriefkasten des Empfängers ein und fertigt über den Zustellvorgang einen Botenvermerk.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

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