15.03.2018 -

Seit dem 01.01.2018 ist das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzes in Kraft. Der Gesetzgeber bietet Frauen dadurch größere Eigenverantwortung im Berufsleben, gleichzeitig steigt der bürokratische Aufwand für Arbeitgeber. Viele bereits bekannte und bewährte gesetzliche Regelungen des Mutterschutzes gelten aber weiterhin unverändert.


Der Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes ist deutlich erweitert worden und gilt unter anderem nun auch für Frauen in betrieblicher Berufsausbildung, Praktikantinnen und selbstständig tätige Frauen.

Erweiterter persönlicher Anwendungsbereich

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) galt bisher lediglich für Frauen in einem Arbeitsverhältnis oder in Heimarbeit. Die Gesetzesnovelle erweitert den Anwendungsbereich nun erheblich und knüpft insbesondere an den umfassenderen sozialrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 I SGB IV an. Das MuSchG findet künftig daher auf deutlich mehr Beschäftigungskonstellationen Anwendung und gilt insbesondere auch für Frauen in betrieblicher Berufsausbildung und für Praktikantinnen (§ 26 BBiG) sowie für selbstständig tätige Frauen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit Arbeitnehmern ähnlich sind. Umfasst sind nun auch Schülerinnen und Studentinnen, soweit deren Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die sich in einem schulischen oder universitären Pflichtpraktikum befinden. Ausdrücklich einbezogen werden nun auch Freiwillige nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz und dem Bundesfreiwilligendienstgesetz sowie Entwicklungshelferinnen.

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Nach bisheriger Rechtslage mussten Arbeitgeber besondere schwangerschaftsbezogene Gefährdungsbeurteilungen nur erstellen, wenn ein konkreter Anlass dafür Bestand, also eine beschäftigte Mitarbeiterin schwanger war. Nach der Novelle sind Arbeitgeber gem. § 10 MuSchG nun verpflichtet, eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz vorzunehmen, die sich auch auf die besonderen Schutzbedürfnisse für schwangere oder stillende Frauen erstreckt. Dies gilt unabhängig davon, ob überhaupt eine Mitarbeiterin schwanger ist und sogar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber überhaupt Frauen beschäftigt. Bei gleichartigen Arbeitsplätzen lässt § 10 Abs. 1 S. 2 MuSchG die Beurteilung eines Arbeitsplatzes zu. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilungen sind zu dokumentieren und alle Beschäftigten sind hierüber zu informieren.

Ziel dieser anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung ist es, eine sog. „unverantwortbare Gefährdung“ festzustellen, die sich durch die Beschäftigung ergeben kann. § 9 Abs. 2 MuSchG enthält eine abstrakte Definition dieses Begriffs, die Abgrenzung dürfte in der Praxis aber häufig schwerfallen. Zur besseren Handhabung soll ein auf Bundesebene eingerichteter Mutterschutzausschuss Empfehlungen erarbeiten.

Wenn eine solche Gefährdung festgestellt wird, ist der Arbeitgeber zunächst angehalten, die Arbeitsbedingungen durch Schutzmaßnahmen umzugestalten. Sofern dies nicht oder nur durch unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, ist die schwangere Frau auf einem anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz einzusetzen. Erst wenn auch diese Maßnahmen nicht möglich oder zumutbar sind, soll ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Die Erteilung eines pauschalen Beschäftigungsverbotes soll dadurch künftig verhindert werden, da Beschäftigungsverbote nach der Intention des Gesetzgebers den Ausnahmefall darstellen sollen.

Sein Vorgehen hat der Arbeitgeber zu dokumentieren und der schwangeren Mitarbeiterin mitzuteilen.

Neuerungen beim Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit


Schwangere und stillende Frauen dürfen auf eigenem Wunsch und nach behördlichem Genehmigungsverfahren bis 22 Uhr arbeiten. 

Die Arbeitsverbote wurden mit Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht schwangerer Frauen gelockert.

Auf eigenen, jederzeit widerruflichen Wunsch können schwangere und stillende Frauen gem. § 5 Abs. 1 S. 2 MuSchG nun unter bestimmten Voraussetzungen bis 22:00 Uhr Nachtarbeit leisten. Erforderlich ist dafür ein behördliches Genehmigungsverfahren, bei dem der Arbeitgeber alle zur Prüfung erforderlichen Unterlagen einzureichen hat. Dies führt zu zwar mehr Aufwand für den Arbeitgeber. Die Beschäftigte darf allerdings bereits während des Genehmigungsverfahrens bis 22:00 Uhr eingesetzt werden, wenn die Aufsichtsbehörde die Beschäftigung nicht vorläufig untersagt. Der Antrag ist innerhalb von sechs Wochen zu bescheiden, anderenfalls gilt er als genehmigt, § 28 II MuSchG.

Die Neuregelungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit kommen ohne ein solches Genehmigungsverfahren aus. Hier müssen lediglich der Wunsch der Frau und die allgemeinen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 2 MuSchG vorliegen.

Erweiterter Mutter- und Kündigungsschutz

Schon Ende 2017 sind die nachfolgenden Änderungen bzw. Präzisierungen zum Kündigungsschutz bzw. den Schutzfristen vorgenommen worden. Mütter können nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung einen verlängerten Mutterschutz von zwölf statt acht Wochen geltend machen. Außerdem besteht der besondere Kündigungsschutz seit Mai letzten Jahres auch für den Fall einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ablauf von vier Monaten.

Fazit

Insbesondere der neuen Verpflichtung zur anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung ist Rechnung zu tragen. Sie ist zwar erst ab dem 1. Januar 2019 bußgeldbewehrt. Spätestens dann müssen aber entsprechende Nachweise über die durchgeführten Beurteilungen vorgelegt werden können. Ebenfalls ist zu belegen, ob Handlungsbedarf ermittelt worden ist und, wenn ja, inwieweit auf dieser Grundlage Arbeitsbedingungen umgestaltet oder Schutzmaßnahmen eingeleitet worden sind. Andernfalls drohen Bußgelder bis zu 5.000 Euro.

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