26.07.2016 -

Der BGH hat sich in seiner Entscheidung mit der Problematik befasst, wer Schuldner einer Honorarrückforderung ist, falls das Liquidationsrecht dem Krankenhaus und nicht dem Wahlarzt zusteht. Im Rahmen eines Prozesses stellt sich insoweit die Frage, wer der richtige Anspruchsgegner/Beklagte ist.

Der Fall (verkürzt):

Die Klägerin, ein privates Krankenversicherungsunternehmen, nimmt den beklagten Arzt aus abgetretenem Recht einer Versicherungsnehmerin auf teilweise Honorarrückzahlung für erbrachte wahlärztliche Leistungen in Anspruch. Der Beklagte ist Chefarzt (Direktor) der Chirurgischen Klinik und Poliklinik des Klinikums der Technischen Universität M., einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Hinsichtlich der Erbringung und Abrechnung wahlärztlicher Leistungen enthält der zwischen dem Klinikum und dem Beklagten unter dem 19./23. Juni 2007 abgeschlossene Dienstvertrag folgende Vereinbarungen:

㤠4 Dienstaufgaben in der Krankenversorgung

(1) …

(2) Wahlärztliche stationäre oder ambulante Leistungen für Privatpatienten hat der Klinikdirektor nach Maßgabe der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu erbringen bzw. sicherzustellen, dass im Verhinderungsfall diese Aufgabe sein ständiger ärztlicher Vertreter erbringt. Zum Zwecke der Einziehung der Honorarforderung durch das Klinikum wird der Klinikdirektor der Klinikumsverwaltung die hierfür erforderlichen Angaben innerhalb von zehn Werktagen nach Beendigung der ambulanten oder stationären Behandlung mitteilen (…)

§ 8 Vergütung

(1) Dem Klinikdirektor ist kein Recht auf private Liquidation von Behandlungskosten bei Privatpatienten eingeräumt.

(2) Der Klinikdirektor erhält für seine Aufgabenwahrnehmung im Rahmen dieses Vertrages eine fixe, nicht zusatzversorgungspflichtige Jahresvergütung (…)

(3) Von den Einnahmen aus Privatbehandlung und Gutachtertätigkeit wird unter Anrechnung der fixen Jahresvergütung eine variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung gewährt, die sich nach der Anlage zu diesem Vertrag bemisst.“

Die Versicherungsnehmerin unterzeichnete eine Wahlleistungsvereinbarung. Diese enthielt den Hinweis, dass die wahlärztlichen Leistungen nicht Gegenstand des Vertrages mit dem Klinikum seien. Ferner wurde die Haftung des Krankenhauses ausgeschlossen. Das Klinikum liquidierte – über einen Abrechnungsservice – die vom Beklagten erbrachten wahlärztlichen Leistungen gegenüber der Versicherungsnehmerin. Die Zahlung sollte auf ein in der Liquidation auch als solches gekennzeichnetes Konto des Klinikums erfolgen. Nach Erstattung des Rechnungsbetrags durch die Klägerin trat die Versicherungsnehmerin etwaige Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Rechnung über die wahlärztlichen Leistungen sei überhöht.

Die Entscheidung:

Das Gericht verneinte im Ergebnis die Passivlegitimation des Beklagten.

Der Senat verneinte zunächst eine vertragliche Beziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Es liege weder ein Vertretergeschäft noch ein Behandlungsvertrag durch konkludentes Handeln vor. Nach Auffassung des Senats ist die Wahlleistungsvereinbarung wirksam. Der zwischen den Parteien geschlossene Arztzusatzvertrag sei als gespaltener Arzt-Krankenhaus-Vertrag zu qualifizieren.

Denn die Vereinbarung über die gesonderte Berechnung wahlärztlicher Leistungen enthalte einen Haftungsausschluss zu Gunsten des Klinikums, indem der Patient unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass die vereinbarten wahlärztlichen Leistungen ein gesonderter Behandlungsvertrag nur mit den Wahlärzten des Klinikums (§ 17 Abs. 3 KHEntgG) abgeschlossen werde und das Klinikum nicht für Leistungsstörungen und Schäden hafte, die im Zusammenhang mit dem Wahlarztvertrag entstehen.

Es sei eine Frage der Vertragsgestaltung im Einzelfall, ob der gesonderte Behandlungsvertrag, der zwischen dem Patienten und dem in Aussicht genommenen Wahlarzt geschlossen werden solle, auch bereits Gegenstand der zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten abgeschlossenen Wahlleistungsvereinbarung sei, oder ob es hierzu einer weiteren Abrede zwischen Arzt und dem Patienten bedürfe.

Dem Beklagten habe kein Recht auf private Liquidation zugestanden. Ferner sei zu berücksichtigen, dass für den Beklagten keine Veranlassung bestanden habe, durch Abschluss eines gesonderten Behandlungsvertrages ein zusätzliches Haftungsrisiko zu übernehmen, ohne einen eigenen Honoraranspruch zu erwerben. Das Berufungsgericht habe deshalb zu Recht eine konkludente Bevollmächtigung des Klinikums zum Abschluss wahlärztlicher Behandlungsverträge abgelehnt.

Auch könne in der schlichten Leistungserbringung durch den Beklagten kein konkludenter Vertragsschluss gesehen werden.

Praxishinweis:

Krankenhausträger müssen sich künftig auf Klagen der Versicherer hinsichtlich wahlärztlicher Leistungen zumindest dann einstellen, wenn dem Wahlarzt vertraglich kein Liquidationsrecht eingeräumt wurde.

Fazit:

Steht dem behandelnden Wahlarzt kein Liquidationsrecht zu und übt das Krankenhaus das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen selbst aus, ist ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB) wegen überhöhter Rechnungsstellung grundsätzlich gegenüber dem Krankenhausträger geltend zu machen. Die vom Berufungsgericht diskutierte Frage, ob dem Krankenhausträger das originäre Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen zusteht, lässt der BGH allerdings offen.

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