08.10.2014 -

Die Wirksamkeit von Befristungsabreden in Arbeitsverträgen ist in erster Linie an dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zu messen. Insbesondere sind nach den Bestimmungen des TzBfG grundsätzlich sachgrundlose Befristungen für eine Dauer von maximal zwei Jahren zulässig (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Von diesem Grundsatz gibt es jedoch für Befristungsabreden mit älteren Arbeitnehmern in der Praxis den kaum bekannten Ausnahmetatbestand § 14 Abs. 3 TzBfG. Danach ist eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld I) bezogen hat.

Die Sonderregelung ist mit Europarecht vereinbar. Das Bundesarbeitsgericht entschied jüngst, dass § 14 Abs. 3 TzBfG nicht gegen die europäische Richtlinie 2000/78/EG verstößt und insbesondere keine ungerechtfertigte Diskriminierung älterer Arbeitnehmer begründet. 

Der Fall (verkürzt):

Die 59-jährige Klägerin war aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bereits in der Vergangenheit bei der Beklagten beschäftigt. Im Anschluss daran begründete die Klägerin ein neues Arbeitsverhältnis für zwei Jahre mit einem anderen Arbeitgeber und war im Anschluss daran vier Monate arbeitslos. Im August 2008 schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. Dezember 2010 (zwei Jahre und vier Monate) befristeten schriftlichen Arbeitsvertrag.

Die Klägerin sah in der Befristungsvereinbarung eine unzulässige Befristungsabrede im Sinne von § 14 TzBfG gesehen, hat diese mit einer Befristungskontrollklage angegriffen und sich dabei auf eine Altersdiskriminierung berufen. Sie sah in § 14 Abs. 3 TzBfG eine ungerechtfertigte Benachteiligung älterer Arbeitnehmer (älter als 52 Jahre), da durch die Regelung eine sachgrundlose Befristung für eine Dauer von fünf Jahren – anstelle der grundsätzlichen Befristungsgrenze von zwei Jahren nach § 14 Abs. 2 TzBfG – zulässig ist. Sie hat die Auffassung vertreten, die Vorschrift widerspräche dem Verbot der Altersdiskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG.

Fristgerecht hat die Klägerin die letzte Befristung mit einer Befristungskontrollklage angegriffen und letztlich in allen Instanzen verloren. Die vor dem Bundesarbeitsgericht eingelegte Revision hat das Bundesarbeitsgericht wegen Unbegründetheit zurückgewiesen.

Die Entscheidung:

§ 14 Abs. 3 TzBfG widerspricht nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht der Richtlinie zur Verwirklichung der Geleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 200/78/EG). Der in § 14 Abs. 3 TzBfG festgelegte Zeitrahmen von fünf Jahren, innerhalb dessen auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrags zulässig ist, überschreitet den dem nationalen Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum nicht.

Zudem könne aus der Regelung keine ungererechtfertigte Diskriminierung wegen Alters abgeleitet werden. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich eine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer durch die Vorschrift festgestellt, jedoch die darin implizierte Ungleichbehandlung als gerechtfertigt angesehen und wie folgt argumentiert:

•    Die erweiterte Möglichkeit, die Arbeitsverträge älterer Arbeitnehmer sachgrundlos zu befristen ist, erfülle den legitimen Zweck der Beschäftigungsförderung.

•    Menschen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren seien von Arbeitslosigkeit wesentlich stärker betroffen als andere Altersgruppen.

•    Unter Berücksichtigung der Beschäftigungsförderung würden die älteren Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig benachteiligt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts habe der Gesetzgeber vielmehr das Verbot der Altersdiskriminierung so weit wie möglich mit dem Ziel der Beschäftigungsförderung älterer Arbeitssuchender in Einklang gebracht.

•    Indem § 14 Abs. 3 TzBfG neben dem Alter eine mindestens viermonatige Beschäftigungslosigkeit voraussetzte, werde typischerweise die „prekäre“ Situation des Arbeitssuchenden erfasst.

Fazit:

Die nachfolgende Entscheidung stellt klar, dass zu Gunsten der Beschäftigungsförderung älterer Arbeitnehmer eine Ungleichbehandlung zurücktritt. Es ist statistisch erwiesen, dass die von § 14 Abs. 3 TzBfG erfasste Altersgruppe erhebliche Schwierigkeiten hat, eine neues Arbeitsverhältnis zu begründen. Allein die Hälfte der Betroffenen sind bei einer durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit von 16,5 Monaten langzeitarbeitslos (vgl. BT-Drs. 16/3793, S. 3).

Zu Recht hat das Bundesarbeitsgericht diesen Fall nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt. Durch die Mangold-Entscheidung aus dem Jahr 2005 (vgl. EuGH C-144/04) hat der Europäische Gerichtshof die maßgeblichen unionsrechtlichen Fragen bereits geklärt. Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts dürfte nun feststehen, dass der deutsche Gesetzgeber mit § 14 Abs. 3 TzBfG die Richtline ordnungsgemäß umgesetzt hat.

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