14.10.2013

Seit dem 1. Mai 2013 gibt es einen neuen Güterstand: die deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft. Dieser tritt als vierter Güterstand neben die drei bisher geltenden Güterstände: die Zugewinngemeinschaft, die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung.

1. Die gesetzliche Ausgangslage

Soweit nicht anders vereinbart, leben Ehepaare in Deutschland im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Vermögen bleiben getrennt, nur am Ende des Güterstandes – etwa wegen Scheidung – wird der in der Ehe erwirtschaftete Zugewinn ausgeglichen.

Gesetzlicher Normalfall in Frankreich dagegen ist die Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts). Dies bedeutet, dass Errungenschaften während der Ehe zum gemeinsamen Vermögen der Ehepartner werden.

Die Unterschiede führen in der Praxis immer wieder zu Problemen, insbesondere im Zusammenhang mit grenzüberschreitendem Immobilienerwerb. Deswegen haben Frankreich und Deutschland in einem bilateralen Abkommen im Jahre 2010 einen gemeinsamen Wahlgüterstand vereinbart, der nun in Kraft getreten ist.

2. Wesentlicher Inhalt der Wahl – Zugewinngemeinschaft

Der Wahl-Zugewinngemeinschaft liegt das Prinzip der deutschen Zugewinngemeinschaft zugrunde. Dies bedeutet im Wesentlichen eine Vermögenstrennung mit einem Ausgleich am Ende des Güterstandes. Er enthält jedoch auch einige französische Elemente, wie z. B. die Ausklammerung von Schmerzensgeld oder zufälligen Wertsteigerungen von Immobilien aus dem Zugewinnausgleich.

Folgendes sind die wesentlichen Unterschiede zwischen dem neuen deutsch-französischen Güterstand und der deutschen Zugewinngemeinschaft:

  • Nach deutschem Recht muss der andere Ehegatte zustimmen, wenn Rechtsgeschäfte über das „Vermögen im Ganzen“ vorgenommen werden sollen. Eine solche Zustimmungspflicht  gibt es im neuen Wahlgüterstand nicht. Es sind jedoch Rechtsgeschäfte über Haushaltsgegenständige oder solche, die die Ehewohnung betreffen, ohne Zustimmung des anderen Ehepartners unwirksam. Andererseits kann jeder Ehegatte nicht nur Verträge, die zur Deckung des täglichen Lebensbedarfes notwendig sind, allein abschließen, sondern auch, wenn sie den Bedarf der Kinder decken sollen.
  • Im deutschen Zugewinnausgleich gilt das sog. „Stichtagsprinzip“. Es kommt für die Berechnung des Zugewinns nur auf den Wert einzelner Vermögensbestandteile am Tage der Eheschließung und am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages an. Dieser Grundsatz gilt auch im neuen Wahlgüterstand. Eine Ausnahme, nach Vorbild des französischen Rechts, gilt jedoch für Grundstücke. Danach werden Grundstücke im Anfangs- und im Endvermögen gleich bewertet. Dies führt dazu, dass Wertsteigerungen, die nicht auf Leistungen der Ehepartner während der Ehe beruhen, wie z.B. Veränderungen des Bodenwerts, Erklärung von Ackerland zu Bauland etc., nicht dem Zugewinnausgleich unterliegen. Werterhöhungen eines Grundstücks z.B. durch Bebauung während der Ehe unterliegen allerdings auch hier dem Ausgleich.
  • Damit illoyale Vermögensverschiebungen zwischen Trennung und Ehescheidung leichter aufgedeckt werden können, sieht das deutsche Recht einen Auskunftsanspruch nicht nur zum Anfangs- und Endvermögen des anderen Ehepartners vor, sondern auch zum Zeitpunkt der Trennung. Der Wahlgüterstand kennt keine vergleichbare Regelung.
  • Illoyale Schenkungen an Dritte werden in beiden Güterständen dem Endvermögen des Schenkenden zugerechnet, wodurch sie dem Zugewinnausgleich erhalten bleiben. Im neuen Wahlgüterstand werden hiervon allerdings ausgenommen Schenkungen an Kinder.
  • Anders als in der deutschen Zugewinngemeinschaft wird während der Ehe erhaltenes Schmerzensgeld im Wahlgüterstand nicht ausgeglichen.
  • Sowohl die deutsche Zugewinngemeinschaft, als auch der neue Wahlgüterstand sehen die  Möglichkeit eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs vor. Dies ermöglicht die Beendigung des Güterstands durch gerichtlichen Beschluss ohne Ehescheidung mit der Folge, dass von diesem Zeitpunkt an zwischen den Eheleuten Gütertrennung besteht.

3. Wer kann den deutsch-französischen Wahlgüterstand vereinbaren?

Der deutsch-französische Wahlgüterstand kann von Eheleuten gewählt werden, deren Güterstand entweder französischem oder deutschem Recht unterliegt, also insbesondere von Eheleuten, die in Deutschland oder Frankreich leben bzw. geheiratet habe. Dies gilt in Deutschland entsprechend für eingetragene Lebenspartnerschaften, die dem deutschen Güterrecht unterliegen.

Der deutsch-französische Wahlgüterstand kann durch notariellen Ehevertrag vereinbart werden.

 

Fazit

Das Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich ermöglicht es gemischtnationalen Eheleuten oder solchen, die zu beiden Ländern eine Verbindung aufweisen, einen Güterstand zu wählen, der wichtige Bestandteile aus beiden Rechtsordnungen enthält. Weitere Länder können dem Abkommen beitreten, was bislang jedoch nicht geschehen ist.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft in der Praxis etablieren und zur Harmonisierung der Rechtsbeziehungen zwischen deutsch-französischen Ehepaaren beitragen wird.

Autorin

Bild von  Marie Baronin v. Maydell
Partnerin
Marie Baronin v. Maydell
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