11.02.2013 -

Kündigungen müssen nicht nur wirksam zugestellt werden. Zur Wahrung der Schriftform des § 623 BGB müssen Kündigungen auch ordnungsgemäß unterschrieben sein. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat in einer aktuellen Entscheidung diese formwirksame Unterschrift von der nicht ausreichenden Paraphe abgegrenzt (LAG Nürnberg, Urteil v. 18.04.2012 – 2 Sa 100/11). Diese Differenzierung hat weitreichende Folgen, denn bei der Verwendung einer Paraphe ist die Kündigung rechtsunwirksam.

Der Fall (verkürzt):

Das beklagte Unternehmen beschloss unter anderem, die Produktion in Deutschland schnellstmöglich einzustellen. Mit der Umsetzung der Entscheidung wurde der Betriebsleiter beauftragt. In Umsetzung dieser Unternehmerentscheidung wurden am 31. Juli 2009 insgesamt 29 von 41 Arbeitnehmern gekündigt.

Eine dieser Kündigungen erhielt der hier klagende Arbeitnehmer, der als Lagerarbeiter und Hauswart in der Abteilung Lager eingestellt war.

Neben inhaltlichen Fragen zur Kündigung hat der Kläger insbesondere gerügt, dass die Unterschrift des Betriebsleiters auf der Kündigung nicht den Erfordernissen des § 623 BGB genüge. Bei der Unterschrift handele es sich lediglich um eine Paraphe. Diese genüge nicht der geforderten Schriftform und führe zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass die geforderte Schriftform nicht eingehalten sei, da das Kündigungsschreiben lediglich mit einer Paraphe versehen sei.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.

I. Schriftform bei Kündigungen

Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist.

II. Lesbare Unterschrift nicht notwendig

Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt aber nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger (= Arbeitnehmer) die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser muss nur identifiziert werden können. Hierbei bedarf es nicht der Lesbarkeitdessen Namenszugs. Vielmehr genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren. Ein lesbarer Zusatz des Namens des Unterzeichnenden wird von § 126 BGB nicht verlangt.

Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt.

III. Paraphe nicht ausreichend

Die Unterschrift ist jedoch vom Handzeichen/der Paraphe abzugrenzen. Auch das Gesetz unterscheidet in § 126 Abs. 1 BGB zwischen einer Namensunterschrift und einem Handzeichen. Letzteres wahrt die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigung, nicht aber bei Kündigungen. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen ist das äußere Erscheinungsbildmaßgeblich. Der Wille des Unterzeichnenden hat nur Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat.

Hinweis für die Praxis:

Wir können der Praxis nur dringend empfehlen, von Paraphen, Handzeichen oder sonstigen Namenskürzeln in jedem Fall abzusehen und in Zweifelsfällen eine nachvollziehbare Unterschrift zu verwenden. Es werden immer wieder Gerichtsurteile bekannt, in denen Kündigungen schon an der bloßen Verwendung einer Paraphe scheitern. Bloße Haken, Kürzel oder Handzeichen sind keine wirksamen Unterschriften. Die Formunwirksamkeit kann nicht mehr geheilt werden und eine neue, nachgeholte Kündigung scheitert meist dann an bereits versäumten Fristen (z.B. 2-Wochenfristen bei fristloser Kündigung, abgelaufener Probezeit oder Ende von Quartalsfristen).

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