08.02.2015 -

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch, bei einem Gespräch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) seinen Rechtsanwalt mitzubringen. Selbst wenn bei dem Gespräch mehrere Personen aus dem Lager des Arbeitgebers teilnehmen und der Arbeitnehmer krankheitsbedingt geschwächt ist, scheidet ein Anspruch aus. So entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im nachfolgenden Fall.

Der Fall:

Die Klägerin ist bei einem beklagten Versicherungsunternehmen als Sachbearbeiterin beschäftigt. Nach einer unternehmensweiten Umstrukturierung wurde ihr Arbeitsort von Saarbrücken nach Mainz verlagert. Dem Ortswechsel stimmte sie mit schriftlichem Vertrag vom 7. September 2007 zu. Seitdem pendelte sie von ihrem Wohnsitz in der Nähe von Saarbrücken nach Mainz.

Im Jahr 2010 nahm die Klägerin für ca. drei Jahre Elternzeit. Nach Ablauf der Elternzeit war die Klägerin ununterbrochen krankgeschrieben. Sie trägt vor, an einer Depression zu leiden, die die Beklagte zu verschulden habe. Durch die Weigerung der Beklagten, ihren Arbeitsplatz von einer Vollzeitstelle in eine Teilzeitstelle abzuändern, habe sich bei der Klägerin eine Überforderungssituation eingestellt, die mit einer mittelgradigen schweren Depression einher ginge.

Die Beklagte lud die Klägerin zu einem nach § 84 Abs. 2 SGB IX vorgeschriebenen BEM-Gespräch ein, an dem ein Mitglied des Betriebsrats und ggf. der Schwerbehindertenvertreter beteiligt werden sollten. Auf Beklagtenseite sollte der Vorgesetzte der Klägerin sowie eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung teilnehmen. Grundsätzlich war die Klägerin mit der Durchführung eines solchen Gesprächs einverstanden, bestand allerdings darauf, ihren Rechtsanwalt mitzubringen.

Die Klage, gerichtet auf das Recht zur Teilnahme des Rechtsanwalts am BEM-Gespräch blieb erfolglos. Sowohl in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht als auch im Berufungsverfahren unterlag die Klägerin. Das LAG Rheinland-Pfalz hat die Berufung abgewiesen.

Die Entscheidung:

Es besteht kein Anspruch der Klägerin, ihren Rechtsanwalt zu einem BEM-Gespräch hinzuzuziehen. Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass ein Rechtsanwalt nicht zu dem im Gesetz vorgegebenen Personenkreis gehört (§ 84 Abs. 2 SGB IX).

Wer an einem solchen Gespräch zwingend und potenziell zu beteiligen ist, sei in § 84 Abs. 2 SGB IX abschließend geregelt. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistands des Arbeitnehmers sei nicht vom Gesetz vorgesehen und damit keine Pflicht des Arbeitgebers.

Das Berufungsgericht stützt seine Argumentation auf die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Anforderungen an ein ordnungsgemäßes BEM-Gespräch im Hinblick auf den teilnahmeberechtigten Personenkreis. Danach entspräche ein derartiges Gespräch den gesetzlichen Erfordernissen, wenn die zu beteiligenden Personen und Stellen unterrichtet und die von diesen Personen und Stellen eingebrachten Vorschläge gemeinsam erörtert werden (vgl. BAG, Urt. v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09). Von diesen Grundsätzen müsse die Beklagte auch in diesem Einzelfall nicht abweichen.

Fazit:

Die Entscheidung überzeugt nur bedingt. Auch wenn der eigentliche Sinn und Zweck eines BEM in der Wiedereingliederung eines krankheitsbedingt abwesenden Mitarbeiters liegt, sieht die Praxis oft anders aus. Die Parteien finden oft gemeinsam eine einvernehmliche Lösung, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Im Rahmen eines BEM-Gespräches könnte durch den Rechtsanwalt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses thematisiert werden. Im Einzelfall kann also die freiwillige Beteiligung eines Rechtsanwalts sinnvoll sein.

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