17.11.2015 -

Das Bundesarbeitsgericht muss sich immer wieder mit der Frage der Sachmittelausstattung für den Betriebsrat befassen. Einschlägig ist hier die Vorschrift des § 40 Abs. 2 BetrVG. Der Betriebsrat hat danach aber nicht uneingeschränkte Ausstattungsansprüche. Vielmehr steht jeglicher Anspruch unter dem Gebot der „Erforderlichkeit“. In einem aktuellen Beschluss hatte das Bundesarbeitsgericht nun die Frage zu beantworten, ob dem Betriebsrat eine Fachzeitschrift (hier: Arbeitsrecht im Betrieb – AiB) mit dem Hinweis verweigert werden kann, dass bereits über den zugestandenen Internetzugang umfassende Informationen zu arbeitsrechtlichen Problemen zugänglich sind (BAG, Beschluss v. 19.03.2014 – 7 ABN 91/13). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage verneint und dem Betriebsrat, trotz des Internetzugangs, den Bezug der Fachzeitschrift zugestanden.

Der Fall:

Der antragstellende Betriebsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Der Arbeitgeber hat ihm bereits folgende Literatur zur Verfügung gestellt:

– Arbeitsgesetze, Sammlung Beck-Texte im DTV

– Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Handkommentar

– Däubler/Kittner/Klebe/Wedde: Betriebsverfassungsgesetz – Kommentar für die Praxis mit Wahlordnung

– Schoofs: Betriebsratspraxis von A bis Z. Das Handwörterbuch für die betriebliche Interessenvertretung mit Arbeitshilfen auf CD-Rom

– Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar mit Nebengesetzen und Ladenschluss

– BetrVG Digital 7.0 – Kommentar für die Praxis

– CD-Rom „Praxisgerechte Lösungen – Hilfen für betriebsspezifische Gefährdungsbeurteilungen“

– Debitz/Gruber/Richter/Widmann: Psychische Faktoren in der Gefährdungsbeurteilung

Außerdem hat jedes Betriebsratsmitglied einen Internetzugang ohne Zeit- und Datenmengenbeschränkung.

Der Betriebsrat hat zusätzlich den Bezug der Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb (AiB) beantragt. Das Jahresabonnent kostet 135,60 €. Der Betriebsrat müsse sich nicht auf die Informationsmöglichkeiten im Internet verweisen lassen. Diese bietet zwar eine Flut an Informationen, die es allerdings erschwere, in angemessener Zeit eine Antwort auf die recherchierten Fragen zu finden. Zudem seien die Betriebsratsmitglieder als Nichtjuristen nicht in der Lage, die Qualität und Relevanz der im Internet zur Verfügung gestellten Informationen zu beurteilen. Regelmäßig stattfindende Schulungs- und Bildungsveranstaltungen könnten darüber hinaus die Aufgabe, ihn mit dem notwendigen Wissen auszustatten, nicht allein erfüllen.

Demgegenüber hat der Arbeitgeber darauf verwiesen, dass die benötigten Informationen im großen Umfang sowohl in hoher Qualität, als auch in geeigneter Aufbereitung im Internet kostenlos verfügbar seien. Darüber hinaus verfüge der Betriebsrat über zahlreiche arbeitsrechtliche Kommentare und sonstige arbeitsrechtliche Literatur. Schließlich verzichte auch die Personalabteilung auf den Zeitschriftenbezug und es würde dem Grundsatz der „Waffengleichheit“ widersprechen, wenn man dem Betriebsrat dennoch einen Anspruch auf den Zeitschriftenbezug zubilligen würde.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.

Die Entscheidung:

Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanzen ebenfalls bestätigt.

I. Anspruch auf Fachzeitschrift

Der Betriebsrat hat grundsätzlich einen Anspruch auf den Bezug einer Fachzeitschrift nach § 40 Abs. 2 BetrVG. Neben arbeitsrechtlichen Gesetzen und den entsprechenden Kommentaren jedenfalls zum BetrVG sind auch Zeitschriften zur Aufgabenerfüllung dienlich, die geeignet sind, dem Betriebsrat die für seine Tätigkeiten notwendigen Informationen zu vermitteln. Dem dienen regelmäßig erscheinende Publikationen, in denen die relevanten Themen nach neuestem Stand fachlich dargestellt werden. Für die Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb hat das Bundesarbeitsgericht dies schon sehr früh im Jahre 1983 klargestellt. An dieser Rechtsprechung hat sich bis heute nichts geändert.

II. Kein Anspruch wegen umfassendem Internetzugang?

Der gewährte umfassende Internetzugang ändert hieran nichts. Das Bundesarbeitsgericht und auch das Landesarbeitsgericht haben dazu klargestellt, dass eine Fachzeitschrift vor allem den „geordneten Zugang“ zu arbeitsrechtlichen Problemen ermöglicht. Dies unterscheidet die Fachzeitschrift im Wesentlichen von Informationen, die über das Internet zugänglich sind. Diese sind nur in unstrukturierter Form zugänglich und werden auch nicht für juristische Laien, wie es bei Betriebsräten regelmäßig der Fall ist, vereinfacht aufbereitet. Sie bedürfen daher (zumindest ergänzend) eines Informationsmittels, das speziell auf ihre Bedürfnisse und ihren Erkenntnishorizont abgestimmt ist. Hinzu kommt, dass Betriebsräte nicht nur über die aktuelle Rechtsprechung vor allem in Fragen der Betriebsverfassung informiert sein sollten. Sie müssen auch in die Lage versetzt werden, diese Kenntnisse in der täglichen Praxis im Betrieb umzusetzen. Genau auf dieses Bedürfnis ist die Zeitschrift AiB ausgerichtet, die die Folgen auf die betriebliche Praxis für Betriebsräte beschreibt und Handlungsempfehlungen gibt.

Ferner ist nach Auffassung der Gerichte zu berücksichtigen, dass es in der Betriebsratsarbeit nicht nur darum geht, passende Informationen zu aktuell aufgetretenen Problemen zu finden. Fachzeitschriften dienen auch dazu, über ihre Themenauswahl den Leserkreis für Themen zu sensibilisieren, die dieser bislang möglicherweise noch nicht im Fokus hatte, die aber für künftige Initiativen fruchtbar gemacht werden können.

Fazit:

Die Sachmittelausstattung des Betriebsrats steht immer unter dem Vorbehalt der sogenannten „Erforderlichkeit“. Bei der Grundausstattung sind die Arbeitsgerichte aber großzügig. Dies gilt auch für den Fachzeitschriftenbezug. Eine Fachzeitschrift ist jedem Betriebsrat zu gewähren. Angesichts der geringen Abo-Kosten sollte man hierüber auch keine unwirtschaftlichen Gerichtsverfahren führen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt die bisherige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • TOP-Wirtschafts­kanzlei für Arbeits­recht
    (FOCUS SPEZIAL 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
    (WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen
    (WirtschaftsWoche 2023, 2020)

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