22.11.2015 -

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht, wenn für Vorbereitungshandlungen für eine Eizellspende in Deutschland geworben wird.

§ 1 ESchG lautet:

„(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle überträgt,

2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt, (…)“

§ 4 UWG lautet:

„Unlauter handelt insbesondere, wer

(…)

11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.“

Der Fall (verkürzt):

Der Beklagte ist ein an einem Institut für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in der Tschechischen Republik tätiger Facharzt für Gynäkologie und Frauenheilkunde. Auf einer Informationsveranstaltung in Hamburg im März 2008 zur Reproduktionsmedizin wies er darauf hin, in der Tschechischen Republik seien Eizellspenden anders als in Deutschland nicht verboten. Der Beklagte erklärte bei der Veranstaltung in Hamburg weiter, dass in Deutschland niedergelassene Ärzte die für Eizellübertragungen nötigen Vorbehandlungen von Eizellspenderinnen und Eizellempfängerinnen vornehmen. Nach Ansicht des Klägers hat der Beklagte dadurch die Gefahr geschaffen, dass sich Frauen an Ärzte in Deutschland wenden und diese entsprechende Vorbehandlungen vornehmen. Der Beklagte trage dadurch wissentlich dazu bei, dass sich deutsche Ärzte an Verstößen gegen das in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des deutschen Embryonenschutzgesetzes (ESchG) enthaltene Verbot der Eizellspende beteiligten.

Der Kläger hat vom Beklagten die Unterlassung der Werbung für eine Eizellspende am Institut für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in der Tschechischen Republik unter gleichzeitigem Hinweis auf eine Vorbehandlung durch in Deutschland niedergelassene Ärzte begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Der Beklagte habe durch seine Äußerung die naheliegende Gefahr geschaffen, dass Besucherinnen der Veranstaltung einen Arzt in Deutschland für eine die Eizellübertragung vorbereitende Behandlung aufsuchten und die die Vorbehandlung durchführenden Ärzte Beihilfe zu einer nach deutschem Recht strafbaren Eizellspende leisteten.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Beklagten das klageabweisende Urteil erster Instanz mit folgender Begründung wiederhergestellt:

Das in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ESchG geregelte Verbot der Eizellspende stelle keine Marktverhaltensregelung nach § 4 Nr. 11 UWG dar. Es diene der Wahrung des Kindeswohls und solle verhindern, dass ein junger Mensch in seiner seelischen Entwicklung beeinträchtigt werde, wenn er sich mit einer genetischen und einer austragenden Mutter konfrontiert sehe. Das Verbot diene allein dem Kindeswohl und habe kein wettbewerblichen Schutzzweck und bezwecke auch nicht, den Wettbewerb der auf dem Gebiet der Kinderwunschbehandlung tätigen Ärzte zu regeln.

Hinweis für die Praxis:

Nach dem ESchG ist die Eizellspende strafbar. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung eine „gespaltene Mutterschaft“ verhindern, bei der die genetische und die austragende Mutter nicht identisch sind. Dies wird v.a. mit dem Kindeswohl begründet, das bei einer gespaltenen Mutterschaft gefährdet sei. Im europäischen Ausland ist die Eizellspende dagegen erlaubt. Vor diesem Hintergrund nutzen ausländische Reproduktionsmediziner die Möglichkeit deutsche Frauen für die Durchführung einer Eizellspende im Ausland zu werben. Dabei wird häufig der Hinweis erteilt, dass vorbereitende Hormonbehandlungen auch von deutschen Ärzten durchgeführt werden können.

Fazit:

Der BGH hatte sich in der vorstehenden Entscheidung mit der Frage zu beschäftigen, ob das Werben eines tschechischen Reproduktionsmediziners für eine Kinderwunsch-Behandlung mittels Eizellspende im Ausland eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt, wenn zugleich darauf hingewiesen wird, dass auch in Deutschland niedergelassene Ärzte die für die Eizellspende erforderlichen Vorbehandlungen vornehmen. Das Urteil ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Gleichwohl wird das Verbot der Eizellspende rechtspolitisch und verfassungsrechtlich kontrovers diskutiert. Eine Stellungnahme des BVerfG steht bislang aus.

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