22.03.2020

Um die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie für Unternehmen, Selbstständige, Beschäftigte, Mieter und Familien abzufedern, hat die Bundesregierung am 20. März 2020 ein umfangreiches Rettungspaket mit zahlreichen Rechtsänderungen beschlossen. Im Schnellverfahren sollen am kommenden Mittwoch der Bundestag und am Freitag der Bundesrat den weitreichenden Maßnahmen zustimmen.

Die folgenden Ausführungen basieren auf einem Entwurf der Bundesregierung für das weitere Gesetzgebungsverfahren mit Stand vom 20. März 2020. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sind noch Änderungen und Anpassungen möglich. Wir werden das Verfahren genau beobachten und über das Inkrafttreten der Maßnahmen detailliert berichten.


Die Bundesregierung hat am 20. März 2020 ein umfangreiches Rettungspaket mit zahlreichen Rechtsänderungen beschlossen. (Copyright: polack/adobe.stock)

1. Zivilrechtliche Maßnahmen

Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) werden zeitlich befristet besondere Regelungen eingeführt, welche Schuldnern, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, die Möglichkeit einräumen, die Leistung einstweilen zu verweigern oder einzustellen, ohne dass hieran für sie nachteilige rechtliche Folgen geknüpft werden.

Für einen Großteil der Schuldverhältnisse wird in Artikel 240 § 1 EGBGB bis zum 30. September 2020 ein Leistungsverweigerungsrecht für Schuldner begründet, die Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden, derzeit wegen der Folgen der Covid-19-Pandemie nicht erfüllen können.

Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder Räume (sowohl Wohn- als auch Gewerbeflächen) wird zur Erreichung dieses Ziels das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. September 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen.

Für Darlehensverträge aller Art, also nicht nur Verbraucherdarlehensverträge, soll nach Artikel 240 § 3 EGBGB eine gesetzliche Stundungsregelung für zwischen dem 01. April und 30. September 2020 fällig werdende Zahlungen und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden.

Flankiert wird dies mit einer Kündigungsschutzregelung und einer Regelung der Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist. Damit soll Verbrauchern, aber auch Gewerbetreibenden eine Schutzfrist eingeräumt werden, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, ihre Einnahmeausfälle zu kompensieren und das Darlehen wieder bedienen zu können. Damit soll auch die notwendige Zeit verschafft werden, um Hilfsprogramme im Rahmen von Covid-19 in Anspruch nehmen zu können.

2. Insolvenzrechtliche Maßnahmen

Die Insolvenzantragspflicht und die gesellschaftsrechtlichen Zahlungsverbote bei eingetretener Insolvenzreife werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Zudem werden Anreize geschaffen, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten.

Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen soll im Verordnungswege bis zum 31. März 2021 verlängert werden können.

3. Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen

Um die betroffenen Rechtsformen in die Lage zu versetzen, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben, werden vorübergehend substantielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), Kommanditge-sellschaft auf Aktien (KGaA), Europäische Gesellschaft (SE), General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft und Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen. Erleichterungen für die Beschlussfassung in der GmbH sollen an anderer Stelle im Rahmen weiterer gesetzgeberischer Maßnahmen zur Wirtschaftsstabilisierung ermöglicht werden.

Wesentliche Aspekte der vorübergehenden Erleichterungen für die AG, KGaA und SE sind dabei die Möglichkeit, dass der Vorstand der Gesellschaft auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen kann, die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage sowie die Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Zudem wird die Möglichkeit eröffnet, eine Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres durchzuführen, das heißt die bisherige Achtmonatsfrist wird verlängert.

Für Genossenschaften und Vereine werden ebenfalls vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen ohne physische Präsenz oder die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen, auch ohne entsprechende Satzungsregelungen geschaffen. Im Übrigen werden für Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen getroffen, sollten diese ablaufen, ohne dass neue Organmitglieder bestellt werden können. Um die Finanzierung der Gemeinschaften der Wohnungseigentümer sicherzustellen, wird angeordnet, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.

Im Umwandlungsrecht wird zudem die Frist gemäß § 17 Absatz 2 Satz 4 Umwandlungsgesetz (UmwG) auf zwölf Monate verlängert, um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Ver-sammlungsmöglichkeiten Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern.

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