20.04.2020

Der Corona-„Shutdown“ kann wirtschaftlich gesunde Unternehmen in Schwierigkeiten bringen. Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) müssen mit diesem unerwarteten und plötzlichen Niedergang der Gesellschaft umgehen. Da eine der „Corona-Krise“ vergleichbare Situation in den letzten Jahrzehnten nicht vorkam, kann auf „bewährte“ Rezepte nicht zurückgegriffen werden. Gleichwohl bietet das Gesellschaftsrecht einige Möglichkeiten.


Das Gesellschaftsrecht bietet für die Corona-Krise zwar keine Patentrezepte, aber einige Möglichkeiten. (Copyright:  Friedberg/adobe.stock)

1. Nachschusspflichten / Gesellschafterdarlehen

Sollte es zunächst „nur“ um Liquiditätsschwierigkeiten gehen, könnten sich Nachschusspflichten oder Gesellschafterdarlehen anbieten. Das Gesetz für Gesellschaften mit beschränkter Haftung „GmbHG“) sieht für Nachschusspflichten in § 26 GmbHG eine gesetzliche Regelung vor. Danach kann der Gesellschaftsvertrag (die „Satzung“) der GmbH solche Nachschusspflichten der einzelnen Gesellschafter vorsehen. Üblicherweise ist dies nicht der Fall.

Eine Alternative wäre, dass die Gesellschafter den Liquiditätsengpass durch Darlehen überbrücken (sog. „Gesellschafterdarlehen“). Gesellschafterdarlehen haben im Vergleich zu Nachschusspflichten den Vorteil, dass die Gesellschafterdarlehen verzinst werden und nach Behebung der Krise durch die Gesellschaft umstandslos wieder zurückgezahlt werden können. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht müssten sich sämtliche Gesellschafter, entsprechend ihrer Beteiligung am Stammkapital, an der Aufbringung der Darlehen beteiligen. Sollte sich ein Gesellschafter, gleich aus welchen Gründen, nicht an den Gesellschafterdarlehen beteiligen, müsste im Vorhinein schon überlegt werden, ob die Gesellschafterdarlehen in Zukunft für eine Kapitalerhöhung eingesetzt werden (so genannter „Debt-Equity-Swap“). Bei einem Debt-Equity-Swap werden Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital gewandelt. Der Gesellschafter, welcher sich nicht an den Gesellschafterdarlehen beteiligt hat, muss eine Verwässerung seiner Anteile akzeptieren.

2. Vereinfachte Kapitalherabsetzung mit Kapitalerhöhung

Sollte die Corona-Krise so heftige Auswirkungen auf das Unternehmen haben, dass eine Vernichtung des Eigenkapitals zu befürchten ist, könnte sich eine Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals gemäß § 58f GmbHG anbieten. Sinnvoll wäre es sicherlich, zunächst die Corona-Krise abzuwarten, um die Auswirkungen von Corona einschätzen zu können. Geschäftsführer müssen allerdings gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG umgehend eine Gesellschafterversammlung einberufen, wenn sich aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals (oder mehr) verloren ist. Diese Verpflichtung der Geschäftsführer ist gemäß § 84 GmbHG sogar strafbewehrt! Sollte daher ein Verlust von der Hälfte oder mehr des Stammkapitals drohen, müssten die Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen. Die Gesellschafter können auf eine solche Gesellschafterversammlung verzichten. Darüber hinaus sind sie auch nicht verpflichtet, auf einer solchen Gesellschafterversammlung irgendwelche Kapitalmaßnahmen zu beschließen. Solange noch keine Insolvenz droht, können Gesellschafter zur Überbrückung der Corona-Krise Darlehen an die Gesellschaft gewähren. Kapitalmaßnahmen könnten in einer Gesellschafterversammlung in 2021 beschlossen werden.

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit kombinierter Kapitalerhöhung ließe sich 2021 mit bilanzieller Wirkung für das Geschäftsjahr 2020 vornehmen. Dies hätte den Charme, dass das Eigenkapitalbild des Jahres 2020 nicht durch die Corona-Krise beeinträchtigt wird. Eine Kapitalherabsetzung auf 0 Euro mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung bietet zudem die Möglichkeit, sanierungsunwillige Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen. Bei einer Kapitalherabsetzung auf 0 Euro Eigenkapital „verschwinden“ die Geschäftsanteile. Wer sich an der nachfolgenden Kapitalerhöhung nicht beteiligt, scheidet aus der Gesellschaft aus. Dieses drastische Ergebnis dürfte durchaus gerechtfertigt sein. Es hat zudem ein Vorbild bei den geschlossenen Immobilienfonds. Diese geschlossenen Immobilienfonds sind typischerweise in der Rechtsform von Personengesellschaften – Gesellschaft bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft – organisiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der bekannten Entscheidung vom 19. Oktober 2009 – II ZR 240/08 – entschieden, dass ein Gesellschafter, welcher sich an einer Kapitalherabsetzung und einer nachfolgenden Kapitalerhöhung bei einer Kommanditgesellschaft nicht beteiligt, aus dieser Kommanditgesellschaft ausgeschlossen werden kann. Diese Entscheidung ist unter dem Schlagwort „Sanieren oder Ausscheiden“ bekannt geworden. Die Grundsätze dieser Entscheidung dürften auch auf das GmbH-Recht zu übertragen sein, wenn die Corona-Krise zu einer Kapitalherabsetzung auf 0 Euro mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung zwingt.

Kapitalerhöhung ohne Kapitalherabsetzung auf 0 Euro

Bei anderen Unternehmen könnte eine Kapitalherabsetzung auf 0 Euro nicht angezeigt sein. Die Gesellschafter könnten allerdings überlegen, das Kapital der Gesellschaft zu stärken, um den besonderen Herausforderungen der Corona-Krise zu begegnen. In einzelnen Fällen könnte es sich auch anbieten, das Kapital herabzusetzen, allerdings nicht auf 0 Euro. Auch in einer solchen Situation stellt sich die Frage, wie mit Gesellschaftern umzugehen ist, die sich an einer Kapitalerhöhung nicht beteiligen wollen. Eine Vorlage bieten wieder die geschlossenen Immobilienfonds. In einer Folgeentscheidung zu „Sanieren oder Ausscheiden“ hat der BGH mit Urteil vom 25. Januar 2011 – II ZR 122/09 – entschieden, dass ein Gesellschafter nicht deshalb ausgeschlossen werden kann, weil er sich an einer Kapitalerhöhung zur Sanierung der Gesellschaft nicht beteiligt. Dieser Ansatz könnte auch für die GmbH gelten. Wenn sich ein Gesellschafter nicht an der Kapitalerhöhung beteiligt, wird die Kapitalerhöhung ohne diesen Gesellschafter durchgeführt. Der „sanierungsunwillige“ Gesellschafter wird nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Er muss allerdings hinnehmen, dass sich seine Anteile „verwässern“. Aufgrund der Kapitalerhöhung werden sich die Beteiligungsverhältnisse in der Gesellschaft ändern.

4. Zustimmungspflichten

Jede Kapitalmaßnahme ist zugleich eine Satzungsänderung. Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG muss die Satzungsänderung notariell beurkundet werden, zudem bedarf er einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. Sollten die „sanierungswilligen“ Gesellschafter die Kapitalmehrheit besitzen, ist dieses Mehrheitserfordernis kein Hemmschuh. Fraglich ist allerdings, was gilt, wenn der „sanierungsunwillige“ Gesellschafter ein Mehrheitsgesellschafter ist oder ein Gesellschafter, der über eine solche qualifizierte Minderheit verfügt, dass er Satzungsänderungen blockieren kann. Die Rechtsprechung wird in Zukunft solche Fälle lösen. Eine denkbare Lösung könnte sein, dass ein „qualifizierter Minderheitsgesellschafter“ (ein Gesellschafter mit einem Kapitalanteil > 25 %) oder selbst ein Mehrheitsgesellschafter Kapitalmaßnahmen nicht verhindern darf. Entschließen sich daher die übrigen Gesellschafter zu den oben beschriebenen Kapitalmaßnahmen, muss sich der „sanierungsunwillige“ Gesellschafter an den Kapitalmaßnahmen nicht beteiligen. Er muss allerdings akzeptieren, dass er seinen Geschäftsanteil vollständig verliert oder sich die Beteiligungsverhältnisse jedenfalls ändern („Verwässerung“ der Beteiligung). Dies sollte jeder Gesellschafter in einer solchen Situation berücksichtigen.

5. Abschließende Empfehlung

Jeder Sachverhalt steht für sich. Allgemeine Lösungen wird es nicht geben. In jedem Fall ist qualifizierter Rat notwendig.

Autor

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