Befristungen ohne Sachgrund sind bekanntlich nur für die Dauer von maximal zwei Jahren zulässig. Ist ein Sachgrund vorhanden, kann ein Arbeitsverhältnis auch deutlich länger befristet werden. Allerdings ist eine Sachgrundbefristung nicht zeitlich unbegrenzt möglich. Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahre 2016 eine Rechtsmissbrauchskontrolle eingeführt. Liegen die Voraussetzungen einer Rechtsmissbrauchskontrolle vor, muss der Arbeitgeber die langjährige Befristung des Mitarbeiters sachlich begründen können, bei Überschreiten einer gewissen Zeitdauer wird sogar der Missbrauch indiziert. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Unterbrechungszeitraum von sechs Monaten zwischen insgesamt neun befristeten Verträgen bestand (LAG Berlin-Brandenburg v. 30.08.2019, 9 Sa 433/19). Dabei stellte sich konkret die Frage, ob durch die Unterbrechung von einem neuen Fristlauf auszugehen ist, was das Landesarbeitsgericht verneint hat.
Befristungen ohne Sachgrund sind für zwei Jahre zulässig. Ist ein Sachgrund vorhanden, kann ein Arbeitsverhältnis auch deutlich länger befristet werden, allerdings nicht unbegrenzt.
Der Fall (verkürzt)
Die klagende Arbeitnehmerin war bei dem beklagten Arbeitgeber seit dem 1. April 2010 auf der Grundlage von befristeten Arbeitsverträgen bei einer Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich tätig. Der Ausgangsvertrag für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2010 wurde insgesamt fünf Mal verlängert. Der letzte verlängerte Vertrag endete am 31. Dezember 2015. Es kam dann zu einer sechsmonatigen Unterbrechung und ab 1. Juli 2016 wurden nochmals drei befristete Verträge bis 31. Dezember 2018 vereinbart.
Die Klägerin wandte sich schon frühzeitig gegen die letzte Befristung und machte zur Begründung u.a. geltend, es handele sich um eine Daueraufgabe. Insbesondere sei die Befristung aber rechtsmissbräuchlich.
Das Arbeitsgericht hat der Befristungsklage stattgegeben.
Die Entscheidung
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.
I. Rechtsmissbrauchskontrolle
Eine Rechtsmissbrauchskontrolle ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann veranlasst, wenn die in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung vorgesehene Höchstdauer des Arbeitsverhältnisses und die Anzahl der Vertragsverlängerungen um ein Mehrfaches überschritten sind. Die Befristung ist dann noch zulässig, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart werden. Überschreitet hingegen die Gesamtdauer bereits acht Jahre oder werden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart, indiziert dies einen Rechtsmissbrauch.
Hinweis für die Praxis:
Die klaren Regeln des Bundesarbeitsgerichts zum institutionellen Rechtsmissbrauch sind erfreulich und führen zur Rechtssicherheit bei der Beurteilung von Kettenbefristungen. Vorliegend war die Grenze zum Rechtsmissbrauch noch nicht überschritten, da das Arbeitsverhältnis zwar mehr als acht Jahre bestanden hat aber noch keine zwölf Verlängerungen zusätzlich vereinbart wurden. Es bedurfte daher zusätzlich einer Missbrauchskontrolle.
II. Unterbrechung zählt mit
Das Landesarbeitsgericht befasste sich zunächst mit der Frage, ob von einem neuen Fristlauf wegen der Unterbrechung von sechs Monaten auszugehen war. Mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht dies verneint. Es handelte sich nur um einen überschaubaren Überbrückungszeitraum. Erst ab einer Unterbrechung von zwei Jahren wird eine Zusammenrechnung der Zeiten ausgeschlossen sein. Hier handelte es sich mit einer Dauer von sechs Monaten im Verhältnis zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses sowie im Verhältnis zu der zum Zeitpunkt der Beschäftigung bereits aufgelaufenen Dauer des Arbeitsverhältnisses von über fünf Jahren um einen überschaubaren Überbrückungszeitraum.
Zudem lag die Anzahl der Verträge mit insgesamt acht Vertragsverlängerungen, d.h. neun abgeschlossenen befristeten Verträgen zwar noch nicht über der Grenze der allein für eine Missbrauchskontrolle ausreichenden Anzahl, aber an der Grenze hierzu. Dies spricht auch in der Gesamtabwägung nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts dafür, eine Missbrauchskontrolle nicht aufgrund der sechsmonatigen Unterbrechung auszuschließen.
III. Institutioneller Missbrauch bejaht
Das Landesarbeitsgericht hat dann in der weiteren Prüfung einen institutionellen Rechtsmissbrauchs bejaht. Die Einzelheiten des sehr speziellen Falles sollen hier nicht im Detail wiedergegeben werden. Vor allem hat das Landesarbeitsgericht klargestellt, dass von einer Daueraufgabe für den Arbeitgeber auszugehen war. Zudem wurde die Klägerin stets auf demselben Arbeitsplatz mit im Wesentlichen denselben Aufgaben beschäftigt. Die von dem Arbeitgeber behaupteten Projektaufgaben unterschieden sich nicht von den Daueraufgaben und waren nur schwer abzugrenzen.
Das Landesarbeitsgericht hat daher in der Gesamtschau der Umstände einen institutionellen Rechtsmissbrauch bejaht. Die Befristung war daher als unwirksam anzusehen.
Fazit
Mehrfache Befristungen werden bereits dann problematisch, wenn die Gesamtdauer der Befristungen mehr als sechs Jahre beträgt und mehr als neun Vertragsverlängerungen vorliegen. Die Gerichte führen dann eine Missbrauchskontrolle durch. Dies gilt gleichermaßen bei einer Befristungsgesamtdauer von mehr als acht Jahren oder bei mehr als zwölf Vertragsverlängerungen.
Arbeitgeber sollten daher genau prüfen, ob in solchen Fällen ein tauglicher Sachgrund vorhanden ist. In Zweifelsfällen sollte man von weiteren Vertragsverlängerungen absehen, um Rechtsrisiken auszuschließen.
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