Leitende Angestellte werden nicht von dem Betriebsrat vertreten. Die Voraussetzungen eines leitenden Angestellten ergeben sich im Einzelnen aus § 5 Abs. 3 BetrVG. In vielen Fällen wird aber über den Status gestritten. Ein Blick in die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zeigt, dass der Status regelmäßig nicht bejaht wird. Die Anforderungen sind hoch. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in einem wichtigen Urteil die Voraussetzung der selbständigen Einstellungs- und Entlassungsbefugnis präzisiert (LAG Hamm v. 14.2.2018, 2 Sa 1499/16). Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass die Gerichte in Zweifelsfällen den Status eines leitenden Angestellten ablehnen.
In Zweifelsfällen sollten daher vorsorglich bei einer Kündigung der Betriebsrat immer hilfsweise angehört werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden (Copyright: 328012862/adobe.stock).
Der Fall (verkürzt)
Der beklagte Arbeitgeber betreibt ein Wach- und Sicherheitsunternehmen. Der klagende Arbeitnehmer ist dort als Niederlassungsleiter eingesetzt. Sein Bruttomonatseinkommen beträgt 3.100,00 € zuzüglich einer monatlichen Pauschale in Höhe von 150,00 €. Das Arbeitsverhältnis besteht seit 1999.
In der Niederlassung, die von dem Kläger betreut wird, sind ca. 250 Mitarbeiter beschäftigt. Es besteht ein Betriebsrat.
Die Stellenbeschreibung für Niederlassungsleiter hat u.a. folgenden Wortlaut:
„Einstellung: Arbeitsverträge für gewerbliches Personal sind durch den Niederlassungsleiter zu erstellen und zu unterschreiben.
Kündigung: Kündigung der Arbeitsverträge für gewerbliches Personal durch den Niederlassungsleiter.
(Achtung: Vorab ist die Kündigung immer mit der Rechtsabteilung abzustimmen).“
Der Arbeitgeber kündigte das mit dem Niederlassungsleiter bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Betriebsrat wurde nicht beteiligt. Der Arbeitgeber hat dazu die Auffassung vertreten, bei dem Niederlassungsleiter handele es sich um einen leitenden Angestellten, da er in seinem Zuständigkeitsbereich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Unwirksamkeit der Kündigung im Wesentlichen damit begründet, der Kläger sei kein leitender Angestellter und die Kündigung sei deshalb schon wegen fehlender Betriebsratsbeteiligung unwirksam.
Die Entscheidung
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.
I. Status leitender Angestellter
Der Betriebsrat ist für leitende Angestellte nicht zuständig. Der Status der leitenden Angestellten folgt dabei aus § 5 Abs. 3 BetrVG. Es bestehen drei Fallalternativen. Leitender Angestellter ist nach Nr. 1, wer zur selbständigen Einstellung und Entlassung befugt ist, nach Nr. 2, wer Prokura hat oder nach Nr. 3, wer sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für das Unternehmen oder den Betrieb von besonderer Bedeutung sind. Im vorliegenden Fall hat sich das Unternehmen auf den Status nach Nr. 1 berufen.
Hinweis für die Praxis:
Maßgeblich ist allein, ob tatsächlich diese Befugnisse ausgeübt werden. Es ist also nicht möglich, den Status eines leitenden Angestellten schriftlich im Arbeitsvertrag zu vereinbaren; dies ist nicht ausreichend. Nur wer die übertragenen Funktionen eigenständig wahrnimmt, kann leitender Angestellter sein.
II. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis
Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis muss sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis gegeben sein. Sie muss sich auch auf beide Befugnisse erstrecken, so dass eine der beiden Befugnisse für die Annahme des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG nicht ausreicht.
Hinweis für die Praxis:
Im Einzelfall ist die Feststellung der Befugnisse mehr als schwierig. Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Befugnis nicht auf alle Arbeitnehmer eines Betriebes oder des Unternehmens erstreckt, sondern nur auf einen Teil der Belegschaft. Dann muss sehr detailliert geprüft werden, ob dennoch die Voraussetzungen vorliegen. Dies hängt von vielen Einzelfaktoren ab.
III. Selbständige Entscheidungsbefugnis zwingend erforderlich!
Im vorliegenden Fall ergab sich aus der Stellenbeschreibung eine selbständige Einstellungsbefugnis für das gewerbliche Personal. Dies reichte zunächst für die selbständige Einstellungskompetenz aus. Allerdings war die Entlassungsbefugnis, die ebenfalls selbständig zusätzlich vorliegen muss, in der Stellenbeschreibung durch den Zusatz, dass die Kündigung immer mit der Rechtsabteilung abzustimmen ist, beschränkt. Hieraus hat das Landesarbeitsgericht abgeleitet, dass eine selbständige und eigenständige Entlassungsbefugnis gerade nicht eingeräumt werden sollte.
Unterstrichen wurde dies dadurch, dass die Notwendigkeit der Einbindung der Rechtsabteilung ausdrücklich mit dem Hinweis „Achtung“ hervorgehoben wurde. Damit hat der Arbeitgeber nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger gerade nicht mehr eigenverantwortlich und selbständig eine Entlassung ohne Rücksprache vornehmen durfte. Der Status des leitenden Angestellten nach Nr. 1 wurde daher verneint.
Fazit
Der Status eines leitenden Angestellten kann bei selbständiger Einstellungs- und Entlassungsbefugnis nur dann rechtssicher bejaht werden, wenn sich diese Befugnisse auf alle Arbeitnehmer des Betriebs oder des Unternehmens beziehen. Werden die Befugnisse beschränkt, nur für einen Teil der Belegschaft eingeräumt oder in sonstiger Art und Weise beschnitten, wird der Status von den Arbeitsgerichten regelmäßig verneint. Dies gilt auch dann, wenn vertraglich der Status vereinbart wurde.
Maßgeblich ist allein die tatsächlich ausgeübte Kompetenz im Innen- und Außenverhältnis. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Betriebsrat in vollem Umfange auch für diese Führungskraft zuständig, muss bei der Einstellung schon nach § 99 BetrVG beteiligt werden und im Falle einer Kündigung besteht die Anhörungspflicht nach § 102 BetrVG. In Zweifelsfällen sollten daher vorsorglich bei einer Kündigung der Betriebsrat immer hilfsweise angehört werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
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