Die Vereinbarung in einem Unterhaltsvergleich, einen Abfindungsbetrag zu zahlen, hat abschließende Wirkung, sofern die Parteien damit eine endgültige Regelung treffen wollen; nicht vorhersehbare Veränderungen können nicht zu einem nachträglichen Ausschluss der Ansprüche führen. Dies bestätigte der BGH in einem nun veröffentlichten Beschluss vom 10. August 2005 (Az.: XII ZR 73/05).
Die Parteien hatten im Rahmen ihres Ehescheidungsverfahrens im Januar 2003 einen umfassenden Scheidungsfolgenvergleich geschlossen und zum nachehelichen Unterhalt vereinbart, dass der Ehemann an die Ehefrau Abfindungsbeträge zu zahlen habe, fällig in monatlichen Raten. Durch Zahlung dieser Beträge sollte der Gesamtanspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt abgegolten sein. Gleichzeitig erklärten die Parteien den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und nahmen den Verzicht gegenseitig ein. Im November 2003 schlossen sie unter Abänderung dieser Vereinbarung einen weiteren Vergleich, wonach nur noch Raten für das Jahr 2004 gezahlt werden sollten. Kurz darauf heiratete die Ehefrau ihren neuen Lebensgefährten. Daraufhin beantragte der Ehemann, die Zwangsvollstreckung bezüglich der noch ausstehenden Raten für das Jahr 2004 einzustellen; der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt sei infolge der Wiederverheiratung erloschen. Das Amtsgerichts Weilburg folgte dem; die dagegen eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hatte Erfolg.
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt: Wollten die Parteien eines Unterhaltsvergleichs mit der Vereinbarung einer Abfindungszahlung eine restlose und endgültige Regelung treffen, sei der Fortbestand der unterhaltsrelevanten Umstände nicht als Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung anzusehen. Eine andere rechtliche Beurteilung sei lediglich dann denkbar, wenn der Kapitalbetrag nicht als Abfindung, sondern als eine bloße Vorauszahlung, also eine Kapitalisierung des Unterhalts, gezahlt werden soll.
Im Gegensatz zu Umständen, die zur Geschäftsgrundlage eines Vergleichs gehören und deren Wegfall oder Veränderung zu einer Anpassung der getroffenen Vereinbarung führen kann, ist die abschließende Wirkung bei einem Unterhaltsvergleich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs „wesentlicher Inhalt der vertraglichen Vereinbarung“ geworden; eine Berücksichtigung von – unvorhersehbaren – Veränderungen scheide daher aus. Die für die Berechnung maßgebenden Faktoren beruhten regelmäßig auf Schätzungen und unsicheren Prognosen; es liege jedoch „im Wesen einer Abfindung“, dass der Unterhaltspflichtige, der statt laufender Unterhaltsbeträge einen festen Abfindungsbetrag zahlt, das damit verbundene Risiko in Kauf nimmt; die für ihn bestehenden Unsicherheiten der künftigen Entwicklung seien in die Berechnung der Abfindungssumme eingeflossen.
Bei einer endgültigen und abschließenden Vereinbarung einer Abfindungszahlung tritt an die Stelle des durch den Unterhaltsverzicht abbedungenen gesetzlichen Unterhalts eine eigenständige vertragliche Unterhaltsvereinbarung. Der Unterhaltspflichtige verzichtet darauf, dass für ihn günstige zukünftige Entwicklungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden; andererseits darf er sich darauf verlassen, dass der Unterhaltsanspruch mit der Zahlung der Abfindung ein für alle mal erledigt ist.
Die Vereinbarung eines Abfindungsbetrages als entgeltlichen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt – auf den Trennungsunterhalt kann nach §§ 1360 a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB nicht endgültig verzichtet werden – ist für den Unterhaltsverpflichteten dementsprechend immer dann vorteilhaft, wenn er mit einer zukünftigen Einkommensverbesserung oder dem Wegfall von Verbindlichkeiten rechnet; der Berechnung der Abfindung wird regelmäßig seine aktuelle Einkommenssituation zugrunde gelegt werden. Der Unterhaltsberechtigte hingegen muss nicht eine Verringerung seines Unterhaltsanspruchs befürchten, wenn er nach der Vereinbarung der Abfindung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt oder erweitert. Hält er es zudem für möglich, innerhalb der nächsten Jahre erneut zu heiraten bzw. mit einem Lebensgefährten langfristig zusammenzuleben, ist eine solche Regelung ebenso vorzugswürdig. Hat der Unterhaltsberechtigte allerdings bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung die Absicht, in Kürze wieder zu heiraten, kann der Unterhaltsverpflichtete die Regelung unter Umständen wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Die Vereinbarung von Ratenzahlungen spricht grundsätzlich nicht gegen den Charakter einer endgültigen Abfindung, auch dies hat der Bundesgerichtshof erneut bestätigt. Sie erfolgt regelmäßig lediglich im Interesse des Unterhaltsschuldners, um ihm die Zahlung zu erleichtern. Zudem ist die Zahlung in Raten regelmäßig dann vorteilhaft, wenn der Abfindungsbetrag den Höchstbetrag des steuerlichen Realsplittings von 13.500,00 € im Jahr nach § 10 EStG überschreitet; wird die Fälligkeit von Teilen des Abfindungsbetrages hinaus geschoben, können die Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen über mehrere Jahre hinweg und damit unter Umständen vollständig berücksichtigt werden.
Verfasserin: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz, Bonn.
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