Kurz vor Verkündung des neuen Forderungssicherungsgesetzes, das am 1. Januar 2009 in Kraft tritt, hat der Bundesgerichtshof eine darin vorgesehene Gesetzesänderung gleichsam vorweggenommen und die bislang angenommene Privilegierung der VOB/B bei Verbraucherverträgen für die Praxis mit einem Urteil vom 24. Juli 2008 – VII ZR 55/08 – schon jetzt beendet.

Bei der VOB/B (vollständige Bezeichnung: „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“) handelt es sich entgegen einer unter juristischen Laien verbreiteten Auffassung nicht um ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung. Die VOB/B ist vielmehr vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) erarbeitet worden und wird vom DVA ständig weiterentwickelt. Beim DVA handelt es sich um einen nicht rechtsfähigen Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Im DVA sind sowohl die Auftragnehmer-, wie auch die Auftraggeberseite vertreten. Rechtlich beinhaltet die VOB/B nichts anderes als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

Dementsprechend unterliegt die VOB/B prinzipiell den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und damit auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genoss die VOB/B jedoch eine Privilegierung: Wurde die VOB/B „als Ganzes“, also im Wesentlichen unverändert vereinbart, wurden die einzelnen Bestimmungen des Klauselwerks der VOB/B einer Inhaltskontrolle nicht unterzogen. Dies wurde damit begründet, dass die VOB/B nicht den Vorteil nur einer Vertragsseite verfolge und einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im Ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte.

Mit seinem Urteil vom 24. Juli 2008 hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung nun maßgeblich geändert. Die einzelnen Klauseln der VOB/B unterliegen nach dieser Entscheidung bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB. Denn ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die bislang angenommene Privilegierung sei – so der Bundesgerichtshof – der Umstand, dass die VOB/B vom DVA unter Mitwirkung der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite erarbeitet wird und daher beide Seiten die Möglichkeit haben, ihre jeweiligen Interessen zu vertreten und ihnen Geltung zu verschaffen. Dies trifft aber für die besonders schutzbedürftigen Verbraucher nicht zu. Verbraucherverbände sind von einer ordentlichen Mitgliedschaft im DVA ausgeschlossen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher werden – so der Bundesgerichtshof – auch nicht in hinreichendem Maße von den im DVA für die Auftraggeber tätigen Institutionen, insbesondere der öffentlichen Hand, vertreten.

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine im Rahmen des am 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Forderungssicherungsgesetzes vorgesehene gesetzliche Regelung vorweggenommen. Denn auch durch das Forderungssicherungsgesetz wird die Privilegierung der VOB/B gegenüber sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verbraucherverträge aufgehoben.

Zukünftig findet bei Verbraucherverträgen also eine uneingeschränkte Inhaltskontrolle der VOB/B statt. Danach werden sich Unternehmer im Verhältnis zu Verbrauchern auf diverse Regelungen in der VOB/B selbst dann nicht mehr berufen können, wenn sie „als Ganzes“ vereinbart worden ist, da sie sich im Lichte der § 307 ff. BGB als unwirksam darstellen. Ein Beispiel für eine künftig unwirksame Klausel ist § 13 Nr. 4 VOB/B, der die Verjährung von Mängelansprüchen auf vier Jahre bzw. für wartungsbedürftige Anlagen unter Umständen sogar auf zwei Jahre verkürzt. An die Stelle von § 13 Nr. 4 VOB/B tritt bei VOB-Verträgen mit Verbrauchern die gesetzliche Verjährungsfrist von 5 Jahren, sofern nicht individualvertraglich etwas anderes vereinbart worden ist. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Klauseln in der VOB/B, die künftig selbst dann als unwirksam anzusehen sind, wenn die VOB/B „als Ganzes“ vereinbart wurde. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die VOB/B auf Veranlassung des Verbrauchers in den Vertrag einbezogen worden ist, da sich der Verbraucher dann nicht auf den Schutz der §§ 307 ff. BGB berufen kann.

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