
Wenn die tatsächliche Fläche einer gemieteten Gewerbeimmobilie deutlich von der vertraglich angegebenen Größe abweicht, stellt sich schnell die Frage nach der korrekten Miethöhe – insbesondere dann, wenn eine „echte Quadratmetermiete“ vereinbart wurde. Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem Urteil aus diesem Jahr wichtige Klarstellungen getroffen: Mieter können überzahlte Miete zurückverlangen, wenn sich die vereinbarte Miete nach dem tatsächlichen Flächenmaß ergeben soll – selbst dann, wenn die Flächenangabe im Vertrag nur beschreibenden Charakter hat.
Ausgangslage: Vertragliche Flächenangabe vs. tatsächliche Mietfläche
Das OLG Dresden (Urt. v. 19.3.2025 – 5 U 1633/24, NZM 2025, 533) befasste sich mit einem Gewerbemietvertrag, der eine Mietfläche von „ca. 70 m²“ auswies. Tatsächlich betrug die Fläche aber nur rund 45,6 m² – eine Abweichung von über 30 %. Besonders wichtig war im entschiedenen Fall, dass
- die Flächenangabe im Vertrag nur beschreibend, nicht als konkrete Soll-Beschaffenheit vereinbart war, und
- der Vertrag gleichzeitig eine klare mietpreisbildende Regelung enthielt: „5,00 €/m²“ – also eine sog. echte Quadratmetermiete.
Im entschiedenen Fall führte dies dazu, dass die Miete auf Basis der tatsächlichen Fläche zu berechnen war und der Mieter über Jahre hinweg zu viel gezahlt hatte.
Das Urteil des OLG Dresden
1. Echte Quadratmetermiete führt zur direkten Anpassung der Miethöhe
Das Gericht stellt klar: Wenn der Mietpreis ausdrücklich pro m² vereinbart ist, ergibt sich die geschuldete Miete automatisch aus der tatsächlichen Größe – unabhängig davon, ob die Flächenangabe im Vertrag der Vereinbarung einer bestimmten vertraglichen Beschaffenheit der Mieträume dient. Überzahlungen stellen eine ungerechtfertigte Bereicherung dar: der Mieter hat seine Leistung „ohne Rechtsgrund“ erbracht und kann sie deshalb zurückfordern (§§ 812 ff. BGB).
2. Keine „Kenntnis der Nichtschuld“ trotz abweichender Nebenkostenabrechnungen
Doch nicht jede ungerechtfertigte Bereicherung ist rückforderbar! Das Gesetz nimmt vor allem Fälle aus, in denen eine Partei die Leistung erbracht hat, obwohl sie wusste, dass sie dazu gar nicht verpflichtet war (Leistung trotz Kenntnis der Nichtschuld, § 814 BGB).
Das OLG sieht im hier entschiedenen Fall allerdings kein Problem:
- Die bloße Möglichkeit, dass der Mieter die kleinere Fläche aus Nebenkostenabrechnungen hätte erkennen können, reicht nicht aus;
- Der Mieter hätte positive Kenntnis, also das tatsächliche Wissen haben müssen, dass keine Zahlungspflicht besteht;
- Grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters genügt nicht.
3. Verjährung: Teilweise „Pech“ für den Mieter
Wichtig für den hier entschiedenen und viele vergleichbare Fälle ist dann aber noch die Frage, ob und inwieweit die Ansprüche des rückfordernden Mieters an der Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB scheitern könnten.
Hierzu urteilt das OLG:
- Rückforderungsansprüche entstehen monatlich mit jeder überhöhten Zahlung.
- Der Mieter hätte aufgrund der deutlichen Flächenabweichung und der korrekten Flächenangabe in den ihm vom Vermieter erteilten Nebenkostenabrechnungen bereits früher merken müssen, dass eine Überzahlung vorlag.
- Die Verjährung eines Anspruchs beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Letzteres war hier der Fall, der Mieter hatte grob fahrlässige Unkenntnis.
- Weil die Klage erst 2024 erhoben wurde, waren deshalb geltend gemachte Rückforderungsansprüche verjährt, soweit sie bis zum 31.12.2020 entstanden waren.
Aus dem Urteil des OLG Dresden folgt für künftige Fälle…
…für Mieter:
- Bei echter Quadratmetermiete sollte schon zu Anfang des Mietverhältnisses, erst recht später bei Erhalt von Nebenkostenabrechnungen, die tatsächliche Fläche überprüft werden. Gibt es ein Aufmaß? Woher nimmt die Vermieterseite ihre Flächenangabe im Vertrag?
- Rückforderungen zuviel gezahlter Miete sind möglich – aber nur innerhalb der Verjährungsfristen.
…für Vermieter:
- Gewerbemietverträge müssen so klar wie möglich regeln, ob Flächenangaben nur beschreibenden Charakter haben oder zur Soll-Beschaffenheit gehören.
- Eine unrichtig angegebene und als geschuldete Beschaffenheit der Mieträume deklarierte Fläche kann schnell zu Rückzahlungsverpflichtungen führen.
- Vorsicht bei der Kombination von „ca.“-Flächenangaben mit konkret flächenbezogenem Ausweis des Mietpreises („ca. 70 m²“ vs. „Mietpreis: 5 €/m²“)!
Und was bedeutet das für mich?
Wir empfehlen grundsätzlich, bei jedem Abschluss eines Gewerbemietvertrages anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Nicht nur in Fällen wie dem vom OLG Dresden entschiedenen können übersehene „Kleinigkeiten“ bei der Vertragsformulierung um ein Vielfaches teurer werden als das Anwaltshonorar für professionelle Überprüfung und Hilfestellung. Unabhängig davon raten wir jetzt und ganz konkret dazu,
- bestehende Verträge zu überprüfen: Ist die Miete als Quadratmetermiete vereinbart? Ist die Flächenangabe Bestandteil einer Beschaffenheitsvereinbarung?
- auf Sorgfalt bei Nebenkostenabrechnungen zu achten: Gibt es dort vom Vertrag abweichende Flächenangaben, und warum ist das so? In manchen Mietverträgen wird zusätzlich noch eine abweichende „Umlagefläche“ oder „Heizkostenfläche“ vereinbart, was dann mit dem hier betroffenen Fall nichts zu tun hat.
- die Verjährung im Blick zu behalten: Bei Verdachtsmomenten frühzeitig anwaltlichen Rat einholen.
- Dokumentation zu sichern: Schriftwechsel, Abrechnungen und Zahlungsnachweise lückenlos aufbewahren.
Fazit:
Das Urteil des OLG Dresden stärkt die Rechtsposition von Gewerbemietern, die eine echte Quadratmetermiete vereinbart haben. Gleichzeitig mahnt es zur Sorgfalt, denn Verjährung kann Rückforderungsansprüche erheblich begrenzen. Für alle Beteiligten zeigt die Entscheidung einmal mehr, wie wichtig gerade im Gewerbemietrecht klare vertragliche Regelungen und die aufmerksame Prüfung von zugrundeliegenden Zahlen und Abrechnungen sind.
Wir unterstützen auch Sie gern im Gewerbemietrecht – sprechen Sie uns an!
Autor: Thomas Krümmel, LL.M.
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