19.11.2025
Keine Hinweispflichten des Arbeitgebers auf Urlaubsabgeltungsanspruch nach Kündigung: LAG Köln bestätigt Wirksamkeit zweistufiger Ausschlussfristen.
Hat der Arbeitgeber auch nach Beendigung des Abeitsverhältnisses eine Hinweispflicht auf Urlaubsansprüchen? (credits: adobestock)

Den Arbeitgeber treffen bekanntlich im laufenden Arbeitsverhältnis Mitwirkungs- und Hinweispflichten. So muss er jeden Arbeitnehmer jährlich auf den Umfang seines Urlaubsanspruchs und die Pflicht, seinen Urlaub auch im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, hinweisen. Wir haben über diese Pflichten bereits mehrfach berichtet (Siehe z.B. auch den ausführlichen Aktuellen Bericht von Nicolai Besgen, Neue Hinweispflichten für Arbeitgeber, B+P Heft 8/2019, S. 523 ff.). Das LAG Köln hat sich in einer aktuellen Entscheidung nun mit der Frage befasst, ob der Arbeitgeber auch im bereits beendeten Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, den Arbeitnehmer auf den Urlaubsanspruch und etwaige Verfallfristen hinzuweisen (LAG Köln, Urt. v. 12.12.2024, 3 SLa 356/24). Die Entscheidung steht in Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und soll hier besprochen werden (BAG, Urt. v. 31.1.2023, 9 AZR 456/20).

Der Fall (verkürzt):

Die klagende Arbeitnehmerin ist zum 31. Juli 2023 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Die Parteien streiten über einen Urlaubsabgeltungsanspruch für die Jahre beginnend ab 2020 in einem Umfang von insgesamt 95 Tagen.

Die Klägerin hat zunächst mit Schreiben vom 24. August 2023, 29. August 2023 sowie 3. Oktober 2023 lediglich die Abgeltung von 30 Urlaubstagen für die Zeit vom 1. November 2020 bis zum 30. Juni 2021 verlangt.

Die Abgeltung des Urlaubs auch für die Zeit ab dem 1. Juli 2021 bis zum Ausscheiden am 31. Juli 2023 in einem Umfang von weiteren 65 Urlaubstagen hat sie erstmals mit Schreiben vom 7. Februar 2024 verlangt. Die Klage auf Urlaubsabgeltung hat sie am 8. März 2024 eingereicht.

Im Arbeitsvertrag ist eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart. Auf der ersten Stufe sind Ansprüche innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit geltend zu machen. Auf der zweiten Stufe müssen Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, wenn die andere Seite sich ab Geltendmachung auf der ersten Stufe nicht innerhalb eines Monats erklärt. Die gerichtliche Geltendmachung muss dann ebenfalls innerhalb von drei Monaten erfolgen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage, die auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 8.476,92 € brutto gerichtet war, insgesamt abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das LAG Köln die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen.

I. Urlaubsabgeltungsanspruch und Ausschlussfristen

Bei dem Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltungsanspruch handelt es sich um einen reinen Geldanspruch. Anders als der Urlaubsanspruch im laufenden Arbeitsverhältnis unterliegt daher der Urlaubsabgeltungsanspruch im beendeten Arbeitsverhältnis der üblichen Verjährung. Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterfällt nach der ständigen Rechtsprechung auch vereinbarten Ausschlussfristen.

Hinweis für die Praxis:

Freilich müssen Ausschlussfristen wirksam sein. Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Anforderungen an die wirksamen Inhalte von Ausschlussfristen gestellt. Sämtliche dieser Voraussetzungen waren hier beachtet und eingehalten.

II. Achtung bei zweistufigen Ausschlussfristen

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien nicht die übliche einstufige Ausschlussfrist vereinbart, wonach Ansprüche verfallen, wenn Sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist vereinbart werden. Vielmehr wurde eine sog. zweistufige Ausschlussfrist verabredet. Danach reicht es nicht aus, die Ansprüche fristgerecht innerhalb der ersten Stufe geltend zu machen. Vielmehr müssen dann Ansprüche, wenn sie nach Geltendmachung nicht anerkannt werden, innerhalb einer weiteren zweiten Frist, die hier ebenfalls drei Monate betragen hat, gerichtlich geltend gemacht werden. Auch solche Ausschlussfristen dürfen wirksam vereinbart werden.

Hinweis für die Praxis:

Bei der Vereinbarung von zweistufigen Ausschlussfristen sind für beide Seiten erhöhte Anforderungen zu beachten. Nur bei genauer Fristenkontrolle werden Rechtsnachteile vermieden. In der Regel reicht die Vereinbarung einer einstufigen Ausschlussfrist aus.

III. Keine weiteren Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers!

Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer über die Inanspruchnahme und den Verfall von Urlaub jährlich nachweisbar zu unterrichten. Wir verweisen nochmals auf den oben Fußnote 1 genannten Beitrag. Die Arbeitnehmerin hatte nun geltend gemacht, die zweistufigen Ausschlussfristen würden hier nicht eingreifen, da sie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht über ihre noch konkret bestehenden Urlaubsansprüche und etwaige Verfallfristen informiert worden ist.

Dem hat das LAG Köln eine Absage erteilt. Die Rechtsprechung zu den Mitwirkungsobliegenheiten im laufenden Arbeitsverhältnis ist auf die Situation des möglichen Verfalls von Urlaubsabgeltungsansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht übertragbar. Eine Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht bereits entgegen, dass es ihm zu diesem Zeitpunkt objektiv unmöglich ist, den Arbeitnehmer zu Urlaubszwecken von der Arbeitspflicht zu befreien und ihm mitzuteilen, welcher Urlaub zu welchem Zeitpunkt zu verfallen droht, und ihn aufzufordern, den Urlaub rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt zu nehmen. Zudem endet die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Mitarbeiterin hatte hier alle Fristen der zweistufigen Frist versäumt.

Fazit:

Urlaubsabgeltungsansprüche unterfallen den üblichen Regelungen für sonstige Geldansprüche. Sie können verjähren und unterliegen Ausschlussfristen. Weitere Mitwirkungs- und/oder Hinweispflichten des Arbeitgebers bestehen nicht. Insbesondere findet die Rechtsprechung zu Mitwirkungsobliegenheiten für Urlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis keine entsprechende Anwendung.


Autor: Prof. Dr. Nicolai Besgen

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