27.02.2020 -

Das Coronavirus hat inzwischen NRW erreicht, die weitere Verbreitung in Deutschland steht bevor. Die Gefahr einer Pandemie wirkt sich auch auf Arbeitsverhältnisse aus. Wenn Arbeitnehmer erkranken, gelten die ganz normalen Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Aber auch Ausnahmesituationen wie Quarantäne-Maßnahmen, Schließungen von Schulen und Kindergärten oder liegengebliebene Arbeit durch einen extrem hohen Krankenstand im Unternehmen führen zu Unsicherheiten bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wir geben Antworten auf die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen:

Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor einer Ansteckung zu Hause bleiben?

Die Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken, ist verständlich. Trotzdem trägt der Arbeitnehmer das allgemeine Lebensrisiko, auf der Fahrt zum Arbeitsplatz oder durch Kontakt zu Kollegen und Kunden einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt zu sein. Insofern dürfen Arbeitnehmer nicht aus bloßer Angst vor einer Ansteckung die Leistung verweigern oder ohne Absprache mit dem Arbeitgeber im Homeoffice arbeiten. Der Arbeitnehmer bleibt grundsätzlich solange zur Arbeitsleistung verpflichtet, bis Gesundheitsbehörden offiziell etwas Anderes anordnen.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

Treten erste Krankheitsfälle im Unternehmen auf, müssen Arbeitgeber im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht versuchen, mögliche Ansteckungen der übrigen Belegschaft zu verhindern, beispielsweise durch Aufklärungs- und Hygienemaßnahmen.


Die Angst, sich beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit mit dem Coronavirus anzustecken, ist verständlich. (Copyright: DimaBerlin/Adobe.stock)

Wer trägt die Kosten bei angeordneter Quarantäne?

Immer wieder hört man davon, dass behördenseitig gegenüber Arbeitnehmern Quarantäne-Maßnahmen angeordnet werden. Die Möglichkeit dazu ergibt sich aus dem Infektionsschutzgesetz. Im Fall einer solchen behördlichen Anordnung muss der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmern für die Dauer von sechs Wochen weiterhin das Gehalt zahlen. Der Arbeitgeber erhält die ausgezahlten Beträge aber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. In NRW ist dies der LVR.

Ab der siebten Woche müssen Arbeitnehmer eine Verdienstausfallentschädigung (die dann auf die Höhe von Krankengeld beschränkt ist) selbst bei der zuständigen Behörde beantragen. Unbedingt zu beachten ist, dass für den Erstattungsantrag strenge Form- und Fristvorgaben gelten.

Was gilt in arbeitsrechtlicher Sicht, wenn Kindergärten und Schulen geschlossen bleiben?

Sofern das eigene Kind von Arbeitnehmern erkrankt, ist die Rechtslage klar, da dann die allgemeinen Regelungen gelten. Dies ist anders, wenn aufgrund einer Schließung von Einrichtungen lediglich die Betreuung des Kindes nicht gesichert ist, ohne dass dieses tatsächlich krank ist. Denn in Bezug auf Kinderbetreuung gibt es im Arbeitsrecht auch im Falle einer Epidemie – ähnlich wie bei Sturm oder Streik – keine Sonderregelung.

Gibt es für den Arbeitnehmer keine andere Möglichkeit, die Betreuung zu gewährleisten, kommt in den Grenzen des § 616 BGB eine Lohnfortzahlung in Betracht. Allerdings ist diese Vorschrift in vielen Arbeitsverträgen ausgeschlossen. Dann empfiehlt es sich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam eine Lösung absprechen.

Können Mitarbeiter trotz Coronavirus auf Dienstreise ins Ausland geschickt werden?

Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Beinhaltet dies auch Auslandsreisen, besteht grundsätzlich kein Recht auf Verweigerung. Mitarbeiter können sich aber auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen, wenn das Auswärtige Amt eine konkrete Reisewarnung ausgesprochen hat. Eine ähnliche Bedeutung kommt Empfehlungen der WHO oder des Robert-Koch-Institutes zu.

Wie verhalte ich mich als Arbeitgeber, wenn Mitarbeiter aus dem Ausland zurückkehren?

Haben sich Mitarbeiter in einem Land aufgehalten, in dem das Coronavirus vermehrt nachgewiesen wurde, empfiehlt sich im Rahmen der Fürsorgepflicht, mit den Rückkehrern Homeoffice oder sogar eine Freistellung zu vereinbaren, damit diese eine mögliche Inkubationszeit abwarten oder sich untersuchen lassen können.

Wie können Arbeitgeber sich bei verstärktem Ausfall von Fachkräften verhalten?

Für den krankheitsbedingten Notfall gilt: Einzelne Erkrankungen begründen noch keine unternehmerische Ausnahmesituation. Ist der Fortbestand des Unternehmens allerdings durch einen hohen Krankenstand akut gefährdet und anders nicht aufrechtzuerhalten, können Mitarbeiter auch zu anderen Arbeiten herangezogen werden, als vertraglich vereinbart sind. Dies gilt selbstverständlich nicht, wenn solche Einsätze selbst zu einer Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers führen würden.

Der Arbeitgeber kann die arbeitsfähigen Mitarbeiter außerdem zu Überstunden verpflichten, wenn ansonsten ein Projekt oder einen Auftrag aufgrund der krankheitsbedingten Unterbesetzung zu scheitern droht. In einem solchen „unvorhersehbaren Notfall“ sind Mitarbeiter aufgrund ihrer allgemeinen Treuepflicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet.

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