27.04.2023

Körperschaftsstatus – Kirchenstatus

Das Interesse von Ordensgemeinschaften, Kongregationen, kirchlichen Datenschutzzentren und sonstigen kirchlichen Einrichtungen und Untergliederungen an der Verleihung des Status einer (kirchlichen) Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) ist seit Bestehen der Weimarer Reichsverfassung (WRV) ununterbrochen gegeben und hat in den letzten beiden Jahrzenten weiterhin zugenommen. Viele Ordensgemeinschaften oder sonstige kirchliche Einrichtungen treten bisher im „weltlichen Leben“ in der Rechtsform des eingetragenen Vereins (e.V.) auf. Der identitätswahrende Wechsel in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wird dann meist aus verschiedensten Gründen (Repräsentanz, Rechtssetzungsbefugnis, keine Insolvenzfähigkeit usw.) angestrebt.

Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Ordensgemeinschaften, kirchliche Datenschutzzentren und sonstige kirchliche Einrichtungen
Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Ordensgemeinschaften, kirchliche Datenschutzzentren und sonstige kirchliche Einrichtungen (credit:adobestock)

Medial bekanntestes Beispiel für die Verleihung des Körperschaftsstatus (Kirchenstatus) ist die vom Bundesland Berlin im Jahre 2006 erfolgte Erstverleihung des Kirchenstatus an die Jehovas Zeugen in Deutschland, die mittlerweile auch in den anderen Bundesländern diesen Status zugesprochen bekommen haben (Zweitverleihung). Weitere Religionsgemeinschaften, denen der Körperschaftstatus verliehen wurde, sind etwa die dem Islam zugehörige Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat, die Maktab Tarighat Oveyssi Shahmaghsoudi – Schule des islamischen Sufismus und die Paulus Gemeinde sowie Bahá’í-Gemeinde.

Darüber hinaus hat die Verleihung des Körperschaftsstatus bei den Ordensgemeinschaften kanonischen Rechts in den letzten fünfzig Jahren Bundesweit, insbesondere im Freistaat Bayern, an Bedeutung gewonnen. So soll es in Bayern insgesamt 91 weibliche Orden, von denen 87 den Körperschaftsstatus öffentlichen Rechts haben, und 48 männliche Ordnen, von denen 38 den Körperschaftsstatus öffentlichen Rechts haben, geben. Viele dieser Ordensgemeinschaften haben ihren Körperschaftsstatus durch identitätswahrende Umwandlung ihres bis dato privatrechtlichen Rechtsträgers, regelmäßig ein eingetragener Verein (e.V.), in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt.

Auch erfolgte in jüngster Zeit die Errichtung von „Katholischen Datenschutzzentren“ durch verschiedene (Erz-)Diözesen in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts (Freiburg, Fulda, Limburg, Mainz, Rottenburg-Stuttgart, Speyer, Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn). Daneben geht die Tendenz weiter dahin, auch für sonstige kirchliche Verbände, Einrichtungen und Untergliederung den Körperschaftsstatus zu erlangen.

I. Was sind die Vorteile des Körperschaftsstatus (Kirchenstatus)?

Die Gründe für einen Wechsel in die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind vielfältig. Sie bestehen abstrakt umschrieben in einer Erleichterung der Entfaltung der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, der Ordensgemeinschaften und sonstigen kirchlichen Einrichtungen sowie einer Stärkung der Repräsentanz und Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Außerdem bringt der Körperschaftsstatus ein erhöhtes Maß an Eigenständigkeit und Unabhängigkeit mit sich. Konkret lassen sich die nachstehenden rechtlichen Vorteile festhalten:

  • Dienstherrenfähigkeit
  • Organisationsgewalt
  • Rechtssetzungsgewalt
  • Widmungsbefugnis
  • Mitspracherechte in politischen Gremien
  • Einführung von Religionsunterricht an Schulen
  • keine Insolvenzfähigkeit
  • Parochialrecht
  • Steuerrecht
  • usw.

II. Was sind die Voraussetzungen für die Verleihung des Körperschaftsstatus?

1. Verfassungsrechtlicher Ausgangspunkt:

Die verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kirchenstatus) findet sich in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV. Die dort enthaltenen Voraussetzungen werden allerdings oftmals durch die jeweiligen Landesverfassungen und die landesspezifischen Körperschaftsstatusgesetze (z.B. KStatG RLP, KStatG NRW) ergänzt und/oder präzisiert. Daneben treten die Voraussetzungen aus den kirchlichen Verfassungsregelungen der jeweiligen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft (z.B. kanonisches Recht, interne Vorgaben der Ordensgemeinschaft oder Kongregation bzw. Bistümer, Lebensformen). In der Praxis bedarf es oftmals einer detaillierten Rechtsprüfung, die im Folgenden nur in ihrem Ablauf kurz skizziert werden soll.

2. Voraussetzungen im Einzelnen:

Die Verleihung des Körperschaftsstatus ist oftmals an zahlreiche Voraussetzungen auf staatlicher Ebene und auf religionsgemeinschaftlicher Ebene geknüpft. Dieser Umstand liegt u.a. darin begründet, dass es um die Vergabe staatlicher Sonderrechte geht.

a) Voraussetzungen auf staatlicher Ebene

Auf staatlicher Ebene müssen zunächst die Verleihungsvoraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV bzw. der einschlägigen Landesgesetze (z.B. § 1 KStatG NRW) erfüllt sein. Dies setzt in aller Regel voraus, dass die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, die Ordensgemeinschaft oder sonstige kirchliche Einrichtung nach ihrer Verfassung, ihrem Mitgliederbestand und ihrer finanziellen Lage Gewähr für ein dauerhaftes Bestehen bietet. Daneben muss sie sich rechts- und verfassungstreu verhalten. Darüber hinaus muss ein religiöses Bekenntnis der Gemeinschaft vorliegen. Das religiöse Leben hat also eine hinreichende Intensität aufzuweisen.

Geht es um eigene Untergliederungen von kirchlichen Einrichtungen mit Körperschaftsstatus (z.B. Bistümer) und wird der Körperschaftsstatus für diese weiteren Untergliederungen (z.B. Datenschutzzentren, Verbände usw.) angestrebt, werden die vorgenannten Voraussetzungen grundsätzlich an der kirchlichen Einrichtung mit Körperschaftsstatus gemessen.

Weitere Voraussetzungen können sich aus den jeweiligen – nach Bundesland und Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft verschiedenen – spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben. Insoweit schreibt der Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates nur vor, dass das „Ob“ der Statusverleihung nicht vom Inhalt des Glaubens abhängig gemacht werden darf. Dies gilt zumindest solange, solange die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nicht die grundrechtlich geschützten Rechte Dritter verletzt.

b) Voraussetzungen auf kirchlicher Ebene

Neben diesen staatlichen Vorschriften können auch die jeweils anwendbaren gemeinschaftlichen Vorgaben und Rechtsvorschriften (z.B. kanonisches Recht, Ordensregeln, Rechtsakte der Bistümer, Lebensformen) Voraussetzungen für die Kirchenstatusverleihung beinhalten. Diese beschäftigen sich zumeist mit innergemeinschaftlichen Kompetenzzuständigkeiten oder bestimmen die zu beachtenden internen Verfahren. Im Einzelnen können die Voraussetzungen hier allerdings erheblich variieren.

3. Verleihung des Körperschaftsstatus (Kirchenstatus):

Für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Antrag bei der zuständigen Behörde notwendig. Die Zuständigkeit der Verleihungsbehörde variiert dabei von Bundesland zu Bundesland. So ist etwa im Bundesland Rheinland-Pfalz das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit RLP derzeit zuständig.

Bei Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen hat die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft oder die einzelne Untergliederung wie eine Ordensgemeinschaft grundsätzlich einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Verleihung des Körperschaftsstatus. Bei Bedarf ist auch eine klageweise Geltendmachung grundsätzlich möglich.

Nach der Statusverleihung besteht die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft bzw. Ordensgemeinschaft in der Form einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts auf „weltlicher“ Rechtsebene fort; sie entledigt sich also ihres alten Rechtskleides (z.B. e.V.). Beim kirchlichen Körperschaftsstatus handelt es sich um einen Körperschaftsstatus sui generis. Die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft bzw. Ordensgemeinschaft oder sonstige kirchliche Einrichtung wird nicht Teil des Staates, sondern bleibt eine bloße gesellschaftliche Einrichtung mit Sonderrechten. Sie übt mithin keine Staatsmacht aus, wird nicht Teil der staatlichen Organisation und unterliegt auch nicht der staatlichen Aufsicht insoweit. Die Geltendmachung eigener Rechte gegenüber dem Staat ist damit – wie bei anderen privatrechtlichen Vereinigungen – im Rahmen des verfassungsrechtlich geschützten Freiraums möglich.

III. Fazit

Die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stellt ein rechtlich komplexes Unterfangen dar, bei dem eine Vielzahl unterschiedlicher Vorschriften zu beachten ist. Auch müssen stets steuerliche Implikationen geprüft und berücksichtigt werden. Weitere Hürden ergeben sich nicht selten daraus, dass in praxi viele Behörden und Gerichte (Finanzämter, Vereinsregister usw.) nur selten mit der Thematik der Körperschaftverleihung vertraut sind. Das hat einen erhöhten Abstimmungsbedarf zur Folge.

Ein Antrag auf Verleihung des Körperschaftsstatus erscheint angesichts der mit diesem Status verbundenen Vorteile allerdings weiterhin sehr lohnenswert. Eine sorgfältige Vorbereitung des Antrags unter kompetenter rechtlicher Beratung ist hierzu aber regelmäßig unerlässlich. Entsprechendes gilt für notwendige Abstimmungen mit der Finanzverwaltung.

Gerne beraten wir Sie zur Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aus staatsrechtlicher, religionsrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Perspektive. Wir begleiten Sie von den rechtlichen Vorfragen über die Vorbereitung und Durchführung des Antrags-/Verleihungsverfahrens bis hin zu etwaigen Post-Maßnahmen nach Körperschaftsstatusverleihung.

Bei Fragen können Sie sich gerne an den Autor dieses Beitrages, Herrn Dr. Karl Brock, wenden.

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