
„Bitte reichen Sie kurzfristig Unterlagen nach“ – oder noch drastischer: Zahlungen werden nicht ausgeführt, Karten funktionieren nicht, das Konto wirkt „eingefroren“. Solche Situationen entstehen häufig im Zusammenhang mit AML/KYC-Prüfungen (Geldwäscheprävention) – und treffen längst nicht nur „Problemfälle“, sondern ganz normale Unternehmen im Alltag. Banken sind gesetzlich verpflichtet, verdächtige Sachverhalte an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden und bestimmte Transaktionen vorübergehend nicht auszuführen. Gleichzeitig dürfen Banken Ihnen oft nicht offen sagen, was genau der Auslöser ist (Stichwort „Tipping-off“).
Entscheidend ist dann ein strukturierter Sofortplan.
1.) Was steckt dahinter? AML/KYC – Pflichten der Bank, Folgen für Ihr Unternehmen
Banken und viele Zahlungsdienstleister sind „Verpflichtete“ nach dem Geldwäschegesetz (GwG). Wenn Tatsachen auf einen meldepflichtigen Verdacht hindeuten, muss der Verpflichtete eine Verdachtsmeldung abgeben; Adressat ist die FIU.
Für Unternehmen ist wichtig: Eine Nachforderung oder Verzögerung bedeutet nicht automatisch, dass Ihnen ein Fehlverhalten unterstellt wird. Auslöser können auch „harmlose“ Konstellationen sein – etwa eine neue Auslandslieferkette, ein ungewöhnlicher Zahlungsempfänger, eine geänderte Eigentümerstruktur oder schlicht unvollständige KYC-Daten.
2. „Transaktion hängt“ vs. „Konto gesperrt“: Das muss man unterscheiden
In der Praxis werden zwei Dinge oft vermischt:
- Transaktionsbezogener Stopp (konkrete Zahlung wird zurückgehalten):
Für eine Transaktion, zu der eine Verdachtsmeldung nach § 43 GwG erfolgt ist, gilt ein gesetzlicher Mechanismus nach § 46 GwG. Die Transaktion darf grundsätzlich frühestens ausgeführt werden, wenn die FIU/Staatsanwaltschaft zustimmt oder die gesetzliche Frist abläuft. - Weitergehende Einschränkungen der Geschäftsbeziehung (z. B. Limits, Kündigungsandrohung, Konto-/Zugangsrestriktionen):
Das kann zusätzlich vorkommen (z. B. bei nachhaltigen KYC-Defiziten oder Risikoneubewertungen) und erfordert ein anderes Vorgehen, insbesondere vertraglich/strategisch.
3. Die Frist, die viele nicht kennen: „Dritter Werktag“ – Samstag zählt nicht
§ 46 GwG ist für Unternehmen besonders wichtig, weil er eine konkrete Zeitlogik enthält: Die Transaktion darf u. a. dann durchgeführt werden, wenn der dritte Werktag nach dem Abgangstag der Meldung verstrichen ist, ohne dass FIU oder Staatsanwaltschaft die Durchführung untersagt haben. Samstag gilt dabei nicht als Werktag.
Das bedeutet nicht, dass jedes praktische Problem nach exakt drei Werktagen „magisch“ gelöst ist – aber es ist ein zentraler Anker für Ihr Erwartungs- und Eskalationsmanagement, wenn es um einen transaktionsbezogenen Stillstand geht.
4. Warum die Bank oft „nichts sagen kann“ (Tipping-off)
Häufig wirkt die Kommunikation der Bank aus Unternehmenssicht frustrierend: knappe Nachfragen, wenig Kontext, keine klare Begründung. Ein wesentlicher Grund ist das Verbot der Informationsweitergabe nach § 47 GwG („Tipping-off“): Der Verpflichtete darf Vertragspartner und Dritte grundsätzlich nicht darüber informieren, dass eine Verdachtsmeldung erstattet wurde oder Ermittlungen drohen.
Für die Praxis heißt das: Nicht an der „Begründung“ festbeißen, sondern schnell in die Lieferfähigkeit Ihrer Unterlagen und eine saubere Sachverhaltsdarstellung kommen.
5. Sofortplan: Was Sie in den ersten 48 Stunden tun sollten
Schritt 1: Verantwortlichkeit bündeln
Bestimmen Sie einen Single Point of Contact (Finance/Legal/Compliance). Parallelkommunikation verlangsamt fast immer.
Schritt 2: Sachverhalt intern strukturieren
- Welche Zahlung(en) sind betroffen (Betrag, Empfänger, Zweck, Datum)?
- Gibt es kritische Fristen (Löhne, Sozialabgaben, Energie, Lieferanten)?
- Welche Konten/Produkte sind betroffen (Konto, Karten, Onlinebanking, Kreditlinie)?
Schritt 3: „Unterlagenpaket“ vorbereiten (typisch erforderlich)
- Unternehmens-/Registerunterlagen (Handelsregister, aktuelle Gesellschafterliste)
- Eigentümer-/Kontrollstruktur (Organigramm, wirtschaftlich Berechtigte/UBO)
- Transaktionsunterlagen (Verträge, Rechnungen, Lieferscheine/Leistungsnachweise)
- Plausibilisierung: Mittelherkunft/Mittelverwendung, wirtschaftlicher Hintergrund
Schritt 4: Operativen Notfallplan aktivieren
- Zweitkonto / Ausweichbank / Notzahlungswege (soweit vorhanden)
- Priorisierung kritischer Zahlungen und Stakeholder-Kommunikation
(sachlich, ohne Spekulation)
Schritt 5: Eskalation mit Augenmaß
Wenn die Existenz des Geschäftsbetriebs gefährdet ist, braucht es früh eine rechtliche und taktische Eskalation – gerade wenn nicht nur eine Transaktion, sondern die gesamte Geschäftsbeziehung betroffen ist.
6. Prävention: Wie Sie AML/KYC-Stress künftig minimieren
- KYC-Ordner „always ready“: Ultimate Beneficial Owner (UBO)-Struktur, Registerauszüge, Organigramm, Standardverträge aktuell halten.
- Change-Management: Banken proaktiv informieren bei Gesellschafterwechsel, Umstrukturierung, neuen Ländern/Partnern.
- Zahlungsrichtlinie: Erhöhte Prüfschritte bei neuen Empfängern, Ausland, ungewöhnlichen Summen oder Zahlungsflüssen.
- Dokumentationskultur: Je besser die „Story“ zur Transaktion, desto schneller die Klärung.
7. Fazit
AML/KYC-Nachforderungen und transaktionsbezogene Stopps sind unangenehm – aber beherrschbar. Entscheidend sind Tempo, Struktur und Dokumentation. Wer den Prozess kennt (inkl. Fristenlogik nach § 46 GwG und Kommunikationsgrenzen nach § 47 GwG), kann den Geschäftsbetrieb schützen und die Klärung beschleunigen.
Sprechen Sie uns an. Wir helfen bei der schnellen Aufbereitung eines belastbaren Unterlagenpakets, bei der Kommunikation mit der Bank und – wenn erforderlich – bei der rechtlichen Einordnung und Eskalation.
Autoren: Dr. Karl Brock & Alexander Knauss
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)
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